Dienstag, 23. Februar 2021

Frau Irgang kocht: Risotto mit Birne und Radicchio

Am Sonntag haben die Menschen das gute alte Picknick wieder entdeckt. Saßen auf allen verfügbaren Bänken, Thermoskannen und Brotdosen zwischen sich. Sogar Decken waren am Bach ausgelegt. Ich fühle durchaus mit den Café- und Restaurantbesitzern, die ihre spärlichen Abholkarten ins Internet stellen, aber unser Lieblingsrestaurant hat auf alle Preise zwei bis drei Euro aufgeschlagen. Und weil der armen Meditationslehrerin coronabedingt ein Seminar nach dem anderen abgesagt wird (fünf bis jetzt, die sechste Absage droht), tut sie, was sie immer getan hat: kochen!

Heute mal wieder ein Rezept in der für mich typischen Geschmacksmischung pikant-fruchtig.

Wie macht man's? Mengen ganz nach Wunsch. Hier zum Beispiel für eine Person:

Eine Schalotte fein würfeln, in Olivenöl sanft glasig braten. Risotto-Reis (Carnaroli oder Arborio) dazugeben, mit der Zwiebel verrühren. Dann mit Gemüsebrühe gerade so bedecken, die Brühe regelmäßig nachfüllen und unter ständigem Rühren sämig kochen. Zum Schluss einen Schuss Weisswein dazugeben.

Währenddessen eine Birne schälen und in ca. 1,5 cm breite Stücke schneiden. Eine große Handvoll Radicchio in schmale Streifen schneiden (fällt zusammen, also eher mehr). In einer Pfanne ca. 1 EL Olivenöl mit ca. 1 EL Butter schmelzen lassen, 1 TL Puderzucker hineingeben und karamellisieren lassen. (Den Reis nicht vergessen! RÜHREN!)

Birne und Radicchio mit ein wenig frischem Rosmarin in der Öl-Butter-Mischung schwenken, bis der Salat zusammenfällt. Mit Salz und Pfeffer würzen. Wenn der Risotto fertig ist, ein großzügiges Stück Blauschimmelkäse (ich nehme St. Augur, Rocquefort ist auch nicht schlecht) und die Birne-Radicchio-Mischung unterrühren.

Wer's mag, kann Parmesan darüber reiben.

Guten Appetit.


Sonntag, 14. Februar 2021

Neue Ausstellung im Winterweltmuseum

 

 

Wer mein Lieblingsmuseum in Corona-Zeiten noch nicht kennt: Vor drei Monaten habe ich darüber geschrieben hier (klick). 

Im Moment ist eine temporäre Ausstellung mit Abstrakten zu sehen. Sozusagen eine Pop-up-Ausstellung, also ein modernes Format. Man sollte sich beeilen mit dem Besuch. Ich liebe ja sehr die Abstraktion - sie gibt meinem Geist den Raum, den er braucht, um sich zu entfalten. Wenn dann auch noch die Farben so gedämpft sind wie in diesen Exponaten, bin ich restlos glücklich. Ich kann, wenn ich will, allerlei Konkretes ins Abstrakte hineindenken. Ich kann es aber auch lassen und mich einfach nur erfreuen an Licht, Schatten, Struktur.

 


Genau, Struktur. Das ist das Besondere an dieser neuen Ausstellung: Man weiß eigentlich nicht genau, ob man es mit Bildern oder Objekten zu tun hat. Es wirkt alles so plastisch, aber gleichzeitig auch flächig. Was mich aufs Neue davon überzeugt, dass man Kunst nicht in etikettierte Schubladen sperren darf. (Gespräch mit einer Buchhändlerin vor ein paar Jahren: "Ich weiß nicht, wo ich Ihre Bücher einordnen soll. Das ist weder Bellektristik noch Sachbuch.")

Ich empfehle die neue Ausstellung im Winterweltmuseum nachdrücklich. Aber, wie gesagt: schnell anschauen. Könnte morgen schon vorbei sein.


Freitag, 12. Februar 2021

Warm bleiben

 

Minus acht Grad. Schön. Kalt. Wir alle haben unsere Rezepte fürs Warmbleiben. Wollpullover, Daunenjacke, Suppe, heißer Tee. Täglich mindestens eine Stunde über die Hügel durch den Schnee stapfen. Früh ins Bett. (Ich empfehle neun Uhr, doch doch. Meditierende stehen ja auch um halb sechs oder so auf.)

Wie aber bleiben wir innerlich warm, wenn es zwischenmenschlich abkühlt? Zum Beispiel letzte Woche im Supermarkt, ich bin die Zweite in der Kassenschlange. Der Mann hinter mir schiebt meine Einkäufe auf dem Band zusammen, sodass ich ein paar Dinge vor dem Herunterfallen bewahren muss, packt seine dahinter und prallt bei jeder Bewegung (er hat seinen Einkaufswagen hinter sich, ich meinen vor mir) mit seinem Körper an meinen Körper. Ich bitte ihn, Abstand zu halten, und er explodiert in einen Schwall unflätiger Sätze, von denen "Das ist ja krankhaft, Sie tragen doch eine Maske, ich lasse mir von Ihnen nichts befehlen!" noch der harmloseste war. Irgendwo weiter hinten sagt eine Frauenstimme: "Genau, so ist es." Die Kassiererin zieht ungerührt die Waren der Kundin vor mir über den Scanner.

An solchen Tagen gehe ich nachsehen, was die Schneeglöckchen im Nachbargarten so machen. Sind sie gewachsen, läuten sie vielleicht sogar? An solchen Tagen brate ich Haferflocken in Fett an, gebe eine Extraportion meiner kostbaren biologischen Sonnenblumenkerne dazu und beobachte meine vier Hausspatzen beim Mittagessen. Ich backe ein Blech Shortbread-Cookies mit Schokolade. Ich fülle ätherisches Weisstannenöl in meinen Vernebler und stelle ihn an. Ich stricke an meinen Socken aus edlem Garn der Westhigland Yarn Spinners weiter und höre dabei die aktuelle Literaturlesung in der SWR-Sendung "Fortsetzung folgt".

Aber, wie gesagt, da hat jede und jeder eigene Rezepte. 


Montag, 8. Februar 2021

Herzarbeit

 

Dies habe ich für T. übersetzt.

Herzarbeit

von Anita Barrows 

Montag. Bronzenes Sonnenlicht

auf dem verschlissenen grauen Teppich
im Esszimmer, wo Viva sitzt
mit ihrer Blockflöte. Schmerzgereiftes Sonnenlicht,
hätte ich fast geschrieben, wie die riesige
strauchgereifte Tomate,
die meine Freundin gestern
aus ihrem Garten brachte, für unseren Salat:
Sinnbild für das,
was zum Ende kommt in seiner eigenen Zeit;
dann löst es sich leicht und braucht nichts mehr
vom Sommer.

Die Töne
eines mittelalterlichen Tanzes
strömen anmutig von Vivas Atemstrom. Etwas,
das angehalten worden war,

beginnt sich zu regen: ein Blatt,
von der Strömung an einen Felsen getrieben,
befreit sich, findet wieder seinen Weg
durch fließendes Wasser. Der Einfallswinkel
des Lichts

ist schmal, dennoch füllt es
diesen Raum, in dem wir sind. Was mich aufhält,
ist manchmal ein Überfluss. Auch
mein Kummer,
im Sommer umfassend geworden,
erscheint mir heute Morgen,

als würde er –

wenn ich ihn dort berührte,
wo der dicke dunkle Stängel
an die Wurzel gewachsen ist - 

sich selbst herausziehen, im Ganzen;

ich würde ihn nutzen können. 
 
Übersetzung aus dem Amerikanischen: Margrit Irgang
 
Anita Barrows ist Psychotherapeutin und Dichterin in Berkeley, Ca.