So eine Katze auf der Suche nach einem Menschen sitzt beispielsweise eines Tages auf der Gartentreppe, als habe sie jemand versehentlich dort abgestellt. Falsches Haus, falsche Treppe, die Katze blickt entschuldigend, sie kann ja nichts dafür. Wo sie nun aber schon mal da ist, schaut sie sich auch an, was ringsherum geboten wird, vor allem den Menschen, der die Tür geöffnet hat und hoffentlich Oh, eine Katze! ruft; ein gutes Zeichen, er hätte auch einen Pantoffel werfen können. Türöffnende Kinder sind vielversprechend und heikel zugleich, sie rufen Nein, ist die süß!, was gut ist, aber Süßes ist unwiderstehlich, und so packen sie schnell zu und halten die Beute am Schwanz fest, das ist schlecht.
Wenn der Mensch, was fast immer der Fall ist, einigermaßen anständig ist und von Katzen keine Ahnung hat, tritt die Katze zerstreut um sich blickend durch die Haustür in die Diele, als suche sie jemanden, den sie verloren hat. Der anständige Mensch ist gerührt über so viel Verlorenheit und lässt, obwohl ihm das in dem Moment nicht klar ist, in einer Ecke seines Herzens die Hoffnung zu, er sei ganz persönlich derjenige, der hier gesucht und endlich gefunden wurde. Der unter allen Nachbarn Auserwählte, der in Zukunft dieses weiche braungraue Fell und diese rosa Nase beherbergen darf, obwohl er sich nie eine Katze gewünscht hat, aber Wünsche können sich ja ändern. Er sieht verdutzt und ratlos und schon ein wenig verliebt der Katze zu, die mit hoch gestelltem Schwanz seinen Schrank umrundet, seine Topfpflanze beschnuppert und probeweise an den Teppichfransen häkelt, und schließt, es ist ihm gar nicht bewusst, die Tür hinter sich und dieser Überraschung, die das Leben ausgerechnet auf seiner Treppe abgelegt hat. Die Katze registriert im Augenwinkel befriedigt die geschlossene Tür, gähnt ausgiebig und springt mit einem Satz auf das Sofa.
Drei Stunden später kauft der Mensch im Supermarkt ein halbes Dutzend Dosen Huhn mit Gemüse in Gelee.
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