Mittwoch, 31. Juli 2013

"Leuchtende Stille" erscheint heute

 Aus meinem Vorwort:

"James Joyce sagte einst über seinen Entschluss, Schriftsteller zu werden: 'Ich gehe zum millionsten Mal der Wirklichkeit der Erfahrung entgegen.' Ich bin mit diesem Journal der Wirklichkeit der Erfahrung entgegengegangen, und man sieht schon an der Formulierung: am Erreichen irgendeines Ziels bin ich nicht interessiert. Hin und wieder stelle ich eine Frage, ohne eine Antwort darauf zu erwarten. Ich frage, als würde ich eine Glocke anschlagen. Wenn ich tief genug lausche, geschieht etwas in meinem Geist. Auch das hat mich das Zen gelehrt.

Was also bleibt von meiner jahrzehntelangen Zen-Praxis? Vielleicht die Erkenntnis, dass ein Tempel kein spitzes Dach haben und eine Kirche kein Kreuz tragen muss, weil ein heiliger Ort durch unseren Blick entsteht, überall, zu jeder Zeit. Vielleicht bleibt ein Duft. Eine Abendwolke, die von der untergehenden Sonne einen kleinen rosa Bauch geschenkt bekommen hat. Ein Lied an einem Sommerabend, gesungen von einer unbekannten Frau hinter den Büschen im Nachbargarten.

Es bleibt das Staunen über die unzerstörbare Anwesenheit der Magie."

Margrit Irgang "Leuchtende Stille. Auf der Suche nach dem achtsamen Leben", Halbleinen mit Lesebändchen, Herder Verlag, 210 Seiten, ISBN 978-3-451-307324, 16,99 €

Samstag, 27. Juli 2013

Druckfrisch: Mein neues Buch


Das ist mein Verlag. (Bitte die drei Worte im Giebel beachten.) Ich war eingeladen zu Kaffee und Keksen (den ebenfalls angebotenen Sekt habe ich dankend abgelehnt) und durfte, wie an Weihnachten, was auspacken:


Das druckfrische Exemplar meines Buches - und 1000 Flyers! (Möchte jemand vielleicht ein paar Flyers ...?)

Aus dem Pressetext: "Margrit Irgang geht in diesem Buch auf die Suche nach einer eigenen, nicht von Dogmen bestimmten Spiritualität. Sie entdeckt Gemeinsamkeiten zwischen Quantenphysik und Buddhismus, erzählt von bewegenden Begegnungen mit polnischen Juden in Warschau, schreibt über Alltagsmomente und den Jahreslauf in der Natur."

Auch zwölf meiner Gedichte, für die ich vor einigen Jahren den Marburger Förderpreis für Literatur bekam, haben hier ihre Heimat gefunden. Meine Lektorin Ariane Hug hat sich liebevoll um die Gestaltung des Buches gekümmert. Mal reinschauen?


"Leuchtende Stille" ist mein elftes Buch. Sie finden es ab 31. Juli in der Buchhandlung Ihres Vertrauens.

Samstag, 20. Juli 2013

Der philosophische Kater über: Genaues Hinschauen


"Menschen sind seltsam. In Deutschland erzählen die Eltern den Kindern, im Mond sei ein Mann. Die deutschen Kinder gucken hin, und schon sehen sie den Mann. Von einem Kater mit Migrationshintergrund habe ich erfahren, dass den vietnamesischen Kindern gesagt wird, es sei ein Hase im Mond. Die vietnamesischen Kinder gucken hin und sehen den Hasen. 

Ich finde es nicht gut, dass Menschenkinder in frühem Alter der kollektiven Blickmanipulation unterworfen werden. Man muss genau hinschauen, sage ich als Kater, und das Gesehene genau benennen. Maus ist Maus, nicht wahr? Mond ist Mond. Irgendwann werden aus solchen Kindern Leute, die in ihrer Katze einen Hund sehen und sie an die Leine legen.

Wir Katzen wären ziemlich beleidigt, würde irgendjemand eine Katze im Mond sehen. Wir wollen da nicht hin. Seien wir doch ehrlich: Die Menschen fliegen nur deshalb auf den Mond, weil es ihnen auf der Erde zu langweilig ist. Achtzig Jahre lang morgens Sonnenaufgang, abends Sonnenuntergang, dazwischen Regen, Wind und Schnee - das halten die gar nicht durch. Das interessiert die zu wenig. Während selbst eine Wohnungskatze jeden Augenblick spannend findet. Allein die Staubmäuse, die unter jedem Regal liegen! Ganz zu schweigen von Teppichfransen, Lampenkabeln, offenen Schranktüren!

Ich sage: Ein paar Minuten lang einfach nur schauen. Und staunen: Was da alles los ist! Aber kaum sehen die Menschen mal richtig hin, kommen sie gleich mit dem Wischlappen."

Dienstag, 2. Juli 2013

Pico Iyer? Unbedingt lesen!


"The traveler quickly learns that uncertainty is his home and impermanence his most loyal companion." Pico Iyer spricht immer auf zwei Ebenen, der äußeren und der inneren. Wenn er in die entlegensten Weltregionen fährt, bereist er zugleich immer "the foreign places inside ourselves". Über seiner Prosa liegt ein magisches Licht. Er gehört zu den wenigen Autoren, die gleichzeitig genau denken und mit allen Sinnen wahrnehmen können, und seine Sprache ist so geschmeidig und schlank, dass sie ihm mühelos folgt. Er schreibt über den eisgekühlten Mangosaft an einem Morgen in den Bergen von Bhutan und über die Winternacht in Island, in der er, der sich als Journalist begreift, zum erstenmal Gedichte schreibt, "as if, in this penetrating emptiness, you are thrown down and down some inner well."

Mein liebstes Buch von ihm ist der autobiografische Roman "The Lady and the Monk", in dem er, in Oxford geborener Sohn eines indischen Professoren-Paares und aufgewachsen in den USA, von seinem Jahr in Kyoto als junger Mann erzählt, wo er sich in eine verheiratete Japanerin verliebt. Dies ist ein erhellendes Buch über die japanische Mentalität, und wem es bei der Beschreibung biertrinkender junger Amerikaner (und asiatischer Mönche) in Zen-Klöstern graust, beginnt vielleicht westliche Praxiszentren zu schätzen.

Über den Dalai Lama, mit dem sein Vater befreundet war, hat er auch ein Buch geschrieben; nur dieses und sein erstes Buch sind ins Deutsche übersetzt. Welcher deutsche Verlag kümmert sich endlich um Pico Iyer?

Hier ist seine schöne Webseite mit vielen Texten aus der New York Times, der Washington Post und Magazinen wie Tricycle und Mindful.

Montag, 1. Juli 2013

Der philosophische Kater über: Meditation




Hier sitzen manchmal welche auf kleinen Kissen. Die Beine so komisch verdreht. Sie nennen es Meditation. Ablenkungsmanöver! Mich täuschen die nicht, ich sehe doch: Sie warten auf die Maus!

Soll ich ihnen sagen, dass ihre Maus nie kommen wird? Die ruckeln da rum. Husten. Blinzeln. Das tun sie, weil sie den Kopf voller Gedanken haben. Die Maus ist längst weg, das merken die gar nicht. Man jagt die Maus, oder man grübelt. Beides gleichzeitig geht nicht. Wir Katzen sind vom Schnurrhaar bis zur Schwanzspitze geballte Aufmerksamkeit. Einmal nicht aufgepasst, wupps, schon ist sie weg. Du weißt nie, wann sie kommt. Wo sie hin will. Wie sie reagiert. Deshalb sage ich: Seid wach! Seid leidenschaftlich geduldig!

Ob die das jemals lernen?