Dienstag, 26. April 2016

"Das verborgene Licht" - Zen aus Frauen-Sicht


Praktizieren und erleben Frauen das Zen anders? Aber ja. In meiner eigenen Zen-Ausbildung war ich erschrocken über die Härte, mit der das traditionelle Zen zumeist gelehrt wird; dort herrscht immer noch ein Samurai-Geist, der völlig überflüssig ist, wie ich heute weiß. In meinen eigenen Seminaren ermutige ich die Menschen (auch die Männer!), auf sich selbst zu hören, auf ihren Herz-Geist und ihren Körper, und sanft und liebevoll mit sich umzugehen. In der Zen-Tradition - wie auch in allen Religionen - wurde die Weisheit von Frauen lange nicht wahrgenommen. Und so ist dieses Buch der Zen-Lehrerinnen Florence Caplow und Susan Moon ein wahrer Schatz: Sie haben in mühevoller Arbeit die Schriften nach der Präsenz von Frauen durchsucht und in ihrem Buch Koans, Geschichten und Gedichte von und über Zen-Frauen gesammelt. Wir begegnen hier wunderbaren Frauen: Sie erwachen beim Kochen oder im Bordell, sie sind rabiate Großmütter, Wandernonnen oder Händlerinnen. Immer sind sie äußerst alltagspraktisch, machen sich gern lustig über Männer, die in Konzepten befangen sind, und sind ein Spiegel für alle, die glauben, das Zen begriffen zu haben.

100 Geschichten erwachter Frauen werden von 100 amerikanischen Zen-Lehrerinnen und Zen-Frauen kommentiert; unter ihnen Joan Halifax, Christina Feldman, Nancy Goldberg, Martine Batchelor. In der deutschen Ausgabe kommentieren zusätzlich 16 deutsche (Zen-)Frauen die Texte; unter ihnen Dagmar Doko Waskönig, Sylvia Wetzel, Anna Gamma und Doris Zölls.

Wir wurden von der deutschen Herausgeberin Ursula Richard gebeten, uns einen Text auszusuchen. Ich habe mich für diesen entschieden:

Chen war eine Laiennonne, die weit herumkam und an viele Orte reiste, um berühmte Meister aufzusuchen. Nachdem sie die Erleuchtung erlangt hatte, dichtete sie folgende Zeilen:

Ganz oben auf den Berghängen sehe ich nur alte Holzfäller.
Jeder hat den Geist des Messers und der Axt.
Wie können sie die Bergblumen sehen,
gespiegelt im Wasser - leuchtend, rot?

Na, was fällt Euch und Ihnen dazu ein? Im amerikanischen Original wird der Text kommentiert von der Umweltaktivistin und buddhistischen Gelehrten Joanna Macy, auf Deutsch zusätzlich von mir. 

"Das verborgene Licht" ist erschienen in der edition steinrich, hat 511 Seiten, die ISBN 978-3-942085-48-9 und sollte in keiner Bibliothek einer Zen-Frau und eines Zen-Mannes fehlen.

Hier (klick) erfahren Sie mehr über das Buch.
 

Donnerstag, 21. April 2016

SWR 2: Allein und doch nicht einsam


"Allein und doch nicht einsam. Vom Glück, nicht immer Gesellschaft zu brauchen"
Feature von Margrit Irgang aus dem Jahr 2010
SWR 2

Zum Beruf der Schriftstellerin gehört es, allein sein zu können - oft über Wochen und Monate hinweg. Oder ist es vielleicht andersherum: Wer gern allein ist, wird Schriftsteller ...?

Ich habe mich mit ein paar Menschen über das Glück des Alleinseins unterhalten, unter anderem mit Bruno Baumann, der immer wieder alleine durch die Wüste wandert.


(Leider nur als Textfassung zu hören; die von mir ausgewählte schöne Musik musste aus rechtlichen Gründen herausgeschnitten werden.)


Einige meiner Features finden Sie in der Rubrik "Rundfunk" in der rechten Spalte.
 

Dienstag, 12. April 2016

Der Kater, der vom Himmel fiel


Vor sieben Jahren hat er mich adoptiert. Stand einfach vor der Terrassentür und wollte hinein. Nun muss man wissen, dass ich eine Dachwohnung habe. Dieser Kater also war vom Himmel gefallen, es gab keine andere Erklärung. Ich hatte jahrelang überlegt, wie ich es schaffen sollte, wieder mit einer Katze zu leben, obwohl ich berufsbedingt viel unterwegs bin und meine Katze niemals in eine dieser Katzenpensionen geben würde. Selbst Betreuungs-Angebote hilfreicher Menschen musste ich ausschlagen - ich hätte unterwegs keine ruhige Minute gehabt. Der Himmel also hatte mich erhört und mir die ideale Katze geschickt: Vom damals neu eingezogenen Nachbarn im Nebenhaus, der auch eine Dachterrasse hat.

Seitdem leben wir in einer amoralischen Dreiecks-Beziehung. Nein, die wird drüben nicht gern gesehen, aber hatten Sie mal eine Katze? Dann wissen Sie, wer unter allen Umständen seinen Willen durchsetzt. Er (der Kater) empfindet mich als würdig, ihm das Bauchfell zu kraulen, ihn mit weicher Bürste zu bürsten und ihm Bällchen zuzuwerfen. Ich fühle mich geehrt. Er hat das schöne große Bodenkissen aus Seide, das ich in monatelanger Arbeit gemacht habe, zu seinem erklärt, liegt, wenn ich am Computer sitze, gern auf meinen Füßen und geht im Sommer hier ein und aus, weil immer alle Türen offenstehen (Freiburg ist die Toscana Deutschlands, Sie wissen schon). Aber der Winter, ach! Noch nie durfte ich mit dem Geliebten Weihnachten feiern, auch Silvester nicht (er hat Angst vor Lärm und liegt vermutlich zitternd drüben unterm Bett). Ja, ich habe alle Probleme, die eine Geliebte eines verheirateten Mannes hat.

Sagte ich schon, dass er eine rosa Schnauze hat und unter dem Bauch kleine braungraue Felltupfen wie ein Baby-Gepard und dass er, wenn er schläft, in ein sanft wimmerndes Schnarchen verfällt und ...