Praktizieren und erleben Frauen das Zen anders? Aber ja. In meiner eigenen Zen-Ausbildung war ich erschrocken über die Härte, mit der das traditionelle Zen zumeist gelehrt wird; dort herrscht immer noch ein Samurai-Geist, der völlig überflüssig ist, wie ich heute weiß. In meinen eigenen Seminaren ermutige ich die Menschen (auch die Männer!), auf sich selbst zu hören, auf ihren Herz-Geist und ihren Körper, und sanft und liebevoll mit sich umzugehen. In der Zen-Tradition - wie auch in allen Religionen - wurde die Weisheit von Frauen lange nicht wahrgenommen. Und so ist dieses Buch der Zen-Lehrerinnen Florence Caplow und Susan Moon ein wahrer Schatz: Sie haben in mühevoller Arbeit die Schriften nach der Präsenz von Frauen durchsucht und in ihrem Buch Koans, Geschichten und Gedichte von und über Zen-Frauen gesammelt. Wir begegnen hier wunderbaren Frauen: Sie erwachen beim Kochen oder im Bordell, sie sind rabiate Großmütter, Wandernonnen oder Händlerinnen. Immer sind sie äußerst alltagspraktisch, machen sich gern lustig über Männer, die in Konzepten befangen sind, und sind ein Spiegel für alle, die glauben, das Zen begriffen zu haben.
100 Geschichten erwachter Frauen werden von 100 amerikanischen Zen-Lehrerinnen und Zen-Frauen kommentiert; unter ihnen Joan Halifax, Christina Feldman, Nancy Goldberg, Martine Batchelor. In der deutschen Ausgabe kommentieren zusätzlich 16 deutsche (Zen-)Frauen die Texte; unter ihnen Dagmar Doko Waskönig, Sylvia Wetzel, Anna Gamma und Doris Zölls.
Wir wurden von der deutschen Herausgeberin Ursula Richard gebeten, uns einen Text auszusuchen. Ich habe mich für diesen entschieden:
Chen war eine Laiennonne, die weit herumkam und an viele Orte reiste, um berühmte Meister aufzusuchen. Nachdem sie die Erleuchtung erlangt hatte, dichtete sie folgende Zeilen:
Ja, das ist der Titel des Originals.
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