Bei meinem Fotospaziergang entlang der Kleingärten um die Ecke fand ich neulich das Glück. Es sah etwas mitgenommen aus, sogar sehr, überhaupt nicht mehr frisch. Nun ja, es war halt alt. So alt, wie jedes Glück ist, sobald der eine strahlende Glücksmoment vergangen ist. Sofort fängt das Glück an zu rosten. Das fühlt sich nicht gut an. Der Moment, der das Glück gebracht hatte, hat es wieder mitgenommen, und mit dem Glück auch unser Glücklichsein. Das klebte nämlich am Glück, die beiden waren siamesische Zwillinge, solche kann man nicht trennen. Also muss schnell ein neues Glück her, glänzend, unverbraucht, das neues Glücklichsein mit sich bringt und hoffentlich länger hält als das alte.
Deshalb wünsche ich niemandem "viel Glück" im "neuen" Jahr.
Ich wünsche stattdessen die Neugier und die Entschlossenheit, das Glücklichsein zu erforschen. Wie fühlt es sich an? Wovon hängt es ab? Von etwas, das nach allgemeiner Überzeugung als "Glück" angesehen wird, ein Etwas, das man herstellen, erwerben, kaufen, klauen oder imaginieren kann und das, wenn unsere Bemühungen es nicht herbeizaubern, hoffentlich geschenkt wird von einer höheren Instanz - der Erbtante, dem Chef, dem Himmel? Und wenn das Glück kurz aufgeblitzt ist (funkelnd neu!) und im nächsten Moment aussieht wie ein in verrostetes Stück Eisen - wo ist das Glücklichsein dann? Weg? Noch da? Warum? Wie lange bleibt es? Kann es sein - solange ich will?
Es gibt kein "neues" Jahr. Es gibt nur diesen Augenblick, der immer neu ist. Es gibt Kalender-Zeit und Uhr-Zeit (okay, wichtig für das Bewältigen des Alltags), und es gibt die Zeitlosigkeit des immer neuen Augenblicks, in dem sich alles, innen und außen, um jeweils eine Winzigkeit neu ordnet. Nie war er vorher da. Nie kehrt er wieder. Jeder Augenblick: funkelnd neu und glänzend.
Ich wünsche Euch allen - Glücklichsein ...