diese Welt aus Tau
ist nur die Welt aus Tau
und doch ... oh, und doch ...
Kobayashi Issa
(1763 - 1827)
die poesie des augenblicks. the poetry of the moment.
Der Waldhof in Freiburg ist das Haus mit dem schönen Park, dem Wald vor der Haustür und der nächtlichen Stille. Wir wollen wieder vier Tage dort miteinander verbringen und uns dem Thema widmen:
Die Kunst des achtsamen Lebens
5. - 8. Oktober 2023
Nachdem das Wort Achtsamkeit so einen Boom erlebt und für allerlei unspirituelle Zwecke missbraucht wird, wollen wir tiefer in den Begriff hineinschauen und herausfinden, welche Haltung eigentlich mit ihm gemeint ist. Richtig verstandene Achtsamkeit dient nicht dazu, ein Ziel zu "erreichen" oder einen Zweck zu "erfüllen". Im Gegenteil: Sie befreit uns auf natürliche Weise von dem Stress, in den uns das hektische Verfolgen von Zielen und Zwecken gebracht hat, und verbindet uns - vielleicht zum ersten Mal - mit unserer eigenen Tiefe.
Abgesehen von einem Rundgespräch am Tag werden wir die Tage in Stille verbringen.
Ich würde mich freuen, Dich im Waldhof zu sehen. Anmelden kannst Du Dich hier (klick).
... an den See gehen, an einem Spätsommermorgen, wenn das Licht so klar ist, wie es im Hochsommer nie sein kann, und die Dinge der Welt ganz bei sich sind, vielleicht etwas müde schon ...
... und ein letztes Mal ins Wasser um acht Uhr morgens, ein Nachdemfrühstückbad oder vielleicht sogar ein Vordemfrühstückbad, das wird jetzt lange, sehr lange nicht mehr möglich sein, und dann mit leiser Wehmut ...
... den Elefanten und Pferdchen hinterherwinken, die sich den ganzen Sommer lang gedreht und gedreht haben und jetzt in ihrem Stall darauf warten, in der Weihnachtszeit irgendwo wieder aufgebaut zu werden, und vielleicht, oder ganz sicher, diesen Sommer am See vermissen werden, das Licht, die Wärme, die Freude der Badehosenkinder, die unbeschwerter und leichter ist als die Freude der Daunenjackenkinder ...
... aber noch, noch ist Sommer ...
In Russland ist ein Flugzeug abgestürzt, in dem nach russischen Angaben der Wagner-Führer Prigoschin neben den anderen Insassen ums Leben kam. Für sämtliche westliche Politiker ist das "keine Überraschung", denn Prigoschin habe mit dem Aufstand gegen Putin sein Todesurteil unterschrieben. Ich schreibe hier nicht auf einmal über Politik, nein, ich bleibe bei meinem Thema. Es geht mir um den Kommentar, den der Berater des ukrainischen Präsidenten Myrchalja Podoljak zu dem Geschehen abgab. Er sagte: "Putin verzeiht niemandem seine eigene Angst."
Was für ein Satz. In sechs Worten erklärt er, wie unsere Kriege entstehen, die globalen wie die persönlichen zwischen Partnern, Nachbarn, Kollegen. Wir projizieren unsere Ängste auf andere, die nun Schuld sind an dem, was wir in uns selbst nicht anschauen und annehmen können, denn Angst wird nicht nur von den anderen Menschen mit Schwäche assoziiert, sie schwächt uns tatsächlich. Deshalb hauen wir auf den Putz, je heftiger, umso wirkungsvoller: Das Drama, das wir im Äußeren veranstalten, lenkt uns für einen Moment ab von unserer tiefen Verunsicherung und Ratlosigkeit.
All dies ist Ausdruck unserer fundamentalen Trennung vom großen Ganzen. Die Welt ist ein Spiegel und zeigt uns die Mauern, die wir in unserem Herz-Geist errichtet haben. Wir sind als Gesellschaft global gesehen in einer Situation des Übergangs. Veränderungen geschehen in nie erlebter Schnelligkeit, die Energie auf dem Planeten hat sich enorm erhöht, und wir müssen Wege finden, diese Energie in unser Körper-Geist-System zu integrieren, damit wir nicht krank werden. Wir müssen die Mauern, die wir errichtet haben, auflösen und uns neu ausrichten, geistig, energetisch, im Denken und Fühlen und in unserem ganz alltäglichen Leben.
In meinen Meditationen habe ich in den letzten Monaten viele Informationen zu diesem Thema bekommen. Ich möchte sie mit Euch in der nächsten Zeit in diesem Blog teilen.
Ein magischer Abend: Apollo5 aus London, eines meiner liebsten Vokal-Ensembles, im Konzert in der voll besetzten Kirche St. Martin in Staufen. Wir hörten unter anderem Stücke aus William Byrd's "Mass for Five Voices", das "Virgen Sancta" von Franciso Guerrero, das sehr schöne "This Marriage" von Eric Whitacre und mein Favorit seit vielen Jahren: "Pulchra es" von Ola Gjeilo aus "Northern Lights". Vorgetragen in absoluter Präzision, kristallklar im Ton und mit einer Innigkeit gesungen, die mich noch immer bewegt.
Für alle, die nicht dabei sein konnten, hier Apollo5 mit dem Ubi Caritas von Ola Gjeilo:
Wenn du deiner vielen Pflichten müde bist ...
ruhe ...
Wenn du nicht weißt, was du als Nächstes tun sollst ...
tue nichts ...
Wenn du niemanden sehen, mit niemandem sprechen willst ...
ziehe dich zurück ...
Wenn dir jede Unternehmung zu viel wird, wenn du weder in den Wald noch an den See gehen und schon gar nicht "in Urlaub" fahren willst ...
bleib, wo du bist ...
Zeit muss nicht "gefüllt" werden, das Jetzt ist unendlich, der Augenblick muss nicht erreicht werden, denn er ist immer schon hier ...
verweile in ihm ...
Erlaube dir, zu fühlen, was du fühlst, zu entscheiden, wie du entscheiden möchtest, zu tun, was du tun willst, und nicht zu tun, was du nicht tun willst ...
ruhe in deiner Tiefe, dem einzigen Zuhause, das es gibt
Als ich vor vierzig Jahren anfing zu meditieren, erzählte ich das erst mal niemandem. Leute, die Yoga, Meditation oder Tai Chi ("Was ist das denn?") praktizierten, galten damals als Freaks. Ich war bekannt als literarische Autorin, hatte bereits drei Bücher veröffentlicht und konnte mir vorstellen, was meine von Berufs wegen kritischen bis zynischen Kollegen und Kolleginnen von mir halten würden. Ein Jahr lang lebte ich als Literatur-Stipendiatin in Rom in der Villa Massimo. Zweimal während dieser Zeit verschwand ich mit einem gemurmelten "Bin in der Schweiz" für eine Woche zu einem Zen-Sesshin. Allmählich sickerte was durch. Der Kommentar eines Kollegen war bezeichnend für die Einstellung jener Zeit: "Ach so, du gehörst auch zu den Egoisten, die nicht interessiert sind an der Veränderung der Gesellschaft."
Vor ein paar Wochen sprach ich mit einer Person, die von Meditation ebenso wenig hielt wie mein damaliger Kollege. Ihr Argument war ein anderes: "Das ist doch nur eine Mode-Erscheinung, die sich in Kürze von selbst erledigen wird."
Aha. Dann wollen wir uns mal mit der Frage beschäftigen: Warum überhaupt Meditation? Wofür dient sie, was bewirkt sie, haben diese Egoisten, die auf ihren kleinen Kissen an die Wand starren, stichhaltige Argumente für ihre seltsame stille Beschäftigung?
Fangen wir groß an: Mit der Bedeutung der Meditation für die Gesellschaft. Professor Dr. Thomas Metzinger - ein Zen-Praktizierender und Intellektueller, der ganz bestimmt nicht bekannt ist für schöne Worte und heiteren Optimismus - spricht in diesem Video darüber, dass wir als Gesellschaft eine ethische Einstellung unseren eigenen geistigen Prozessen gegenüber finden und systematisch wertvolle geistige Zustände kultivieren müssen. Er spricht von der derzeitigen "Achtsamkeits-Zerstörungs-Industrie" und fragt, wie es mit der Würde der nicht-menschlichen Tiere bei uns bestellt ist. (Schlecht, sehr schlecht!)
"Spirituelle Leute wollen nicht glauben, sondern wissen" ist eine seiner bekannten Aussagen, die ihm von Seiten der Kirchen einigen Ärger eingebracht haben. Denn es geht ihm ausschließlich um eine säkulare Spiritualität, praktiziert als ein Erkenntnisprojekt, in dem wir lernen, radikal ehrlich mit uns selbst zu sein. Achtsamkeitspraxis ist für ihn "eine elementare Kulturtechnik wie Lesen oder Schreiben".
Nehmt Euch 48 Minuten Zeit, um diesen grundlegenden Vortrag zu hören.
Klug, fundiert, wichtig - und ziemlich nüchtern, nicht wahr? Nach diesem Vortrag stürzen sich vermutlich die Menschen nicht scharenweise in die Meditationshäuser, um endlich mit dieser wunderbaren Praxis anzufangen. Deshalb eine kleine, nicht unwesentliche Ergänzung aus meiner vierzigjährigen Sicht als Praktizierende und Lehrende.
Viele Menschen wenden sich der Meditation zu, weil sie ihren Stress abbauen, ruhiger und gesünder werden wollen. Das alles kann Meditation leisten, aber es ist im Grunde nur eine "Nebenwirkung" der Praxis. Metzinger zitiert gern Krishnamurti, dessen messerscharfer Intellekt dem seinen entgegenkommt. Ich durfte Krishnamurti zwei Sommer lang in Saanen in der Schweiz erleben. Ja, er war ein kompromissloser Denker - aber gleichzeitig ein Erleuchteter. Ich verwende bewusst diesen Begriff: Krishnamurti leuchtete. Er strahlte eine unbedingte Liebe aus, die nicht thematisiert wurde und keiner Worte bedurfte, aber jeden Einzelnen in dem riesigen Zelt nicht nur berührte, sondern nachhaltig verwandelte. Dasselbe habe ich bei Thich Nhat Hanh erlebt und später bei Adyashanti. Das Erwachen (ein Begriff, den ich bevorzuge) zu unserem Wahren Wesen ist immer mit Glückseligkeit und dem Gefühl tiefer Liebe für alles Seiende verbunden. Man muss das wenigstens einmal erlebt haben, um zu verstehen, in welch einem trostlosen Geisteszustand wir in unserem Alltag verharren.
Es sind nur wenige Menschen, denen es vergönnt ist, unablässig im erwachten Zustand zu verweilen. Man findet sie eher in Indien als bei uns; die westliche Lebensweise bietet keine gute Basis für das Aufrechterhalten dieses Zustands. Aber jeder und jedem von uns ist es möglich, immer wieder erneut einen Durchbruch zu erleben in die Glückseligkeit, Stille und Weite unseres Wahren Wesens. Ich weiß das aus eigener Erfahrung und habe es viele Male bei Teilnehmern in meinen Retreats erlebt. Mit jeder erneuten Berührung verändern wir uns auf eine so grundlegende Weise, wie wir uns das vorher nie vorstellen konnten; eine Veränderung, die anhält, auch wenn der Zustand der Glückseligkeit allmählich wieder dem Alltagsbewusstsein weicht.
Wenn ich dies einmal erlebt habe, stellt sich mir die Frage nicht mehr, ob meine Praxis wertvoll ist für die Gesellschaft. In der Verbundenheit gibt es keine "Gesellschaft" mehr. Da sind nur Wesen menschlicher und nicht-menschlicher Art, auf die mein Wahres Wesen seine Glückseligkeit, Stille, Weite und Liebe ausstrahlt. Und jede Handlung, zu der ich dann vielleicht inspiriert werde, wird heilsam sein.
Das ist der eigentliche Sinn jeder Meditationspraxis.
Eine der wunderbaren Folgen des Meditierens ist die Fähigkeit, Dinge intensiver wahrzunehmen und dabei Nuancen zu entdecken, die uns früher entgangen sind. Die Sinne werden feiner und lassen Düfte, Klänge und Farben ein, die wir nicht kannten. Aber wir entdecken auch die subtilen Unterschiede in unseren Geisteszuständen, die zu falschen Urteilen und unheilsamem Verhalten geführt haben, und das fühlt sich dann erst mal nicht so wunderbar an.
Im Buddhismus gibt es das Konzept der "nahen Feinde". Das sind Geisteszustände, die auf den ersten Blick täuschend gleich aussehen, sich jedoch bei genauem Hinsehen geradezu als Gegensätze erweisen. Eins dieser Gegensatzpaare ist Gleichmut/Gleichgültigkeit.
Nehmen wir an, wir sitzen auf unserem Balkon in der Sonne, unten grillt der Nachbar mal wieder Würste (wir sind Vegetarier ...) und der Hund von nebenan bellt pausenlos. Aber die Sonne ist schön warm, der Himmel ist blau, und weil wir uns zwischen unseren Blümchen gerade wohlfühlen, nehmen wir den Nachbarn, den Wurstgeruch und den Hund mit Gleichmut hin.
Gleichmut ist eine fabelhafte Praxis, die sich irgendwann mit Sicherheit als wichtig erweisen wird. Wir fangen klein an mit der Übung und antworten erst mal gleichmütig auf eine Situation, die wir als nicht rundum optimal empfinden (Nachbarn, Hunde). Etwas fehlt, etwas stört, aber gleichzeitig ist da so viel, das wir als wertvoll empfinden, dass wir das uns Störende mit Gleichmut annehmen. Diese Übung wird uns zugute kommen, wenn es mal richtig dicke kommt: Wenn die großen Themen uns besuchen, die Krankheit, der Verlust, das Sterben von diesem und jenem. Dann zeigt sich, wie gut wir gelernt haben, das Unvermeidliche mit Gleichmut anzunehmen.
Gleichgültigkeit dagegen sagt: Das geht mich nichts an. Du gehst mich nichts an. Es ist mir egal. Du bist mir egal. Gleichgültigkeit ist der verschlossene Geist, ist die Weigerung, unsere All-Verbundenheit anzuerkennen. Die Haltung der Gleichgültigkeit kommt aus dem Ego, das nur an seinen eigenen kleinen Vorteilen interessiert ist.
Die Gleichmütige bleibt verbunden mit allem, was ist, und eben wegen dieser Verbundenheit auch in schwierigen Situationen braucht sie ihren Gleichmut, um nicht von den Umständen hinweggefegt zu werden. Der Gleichgültige jedoch hat sich von vornherein herausgenommen aus der Verbundenheit alles Seienden und verharrt hinter seiner Mauer in seinem eigenen kleinen Garten. Er weiß nur noch nicht, dass auch sein Leben mitsamt seinem Herzen, Geist und Körper der Veränderung unterworfen ist, und dass seine kleine selbstgebaute Mauer von Anfang an völlig nutzlos war. Irgendwann steht er dann da, mitten in einem der großen Themen, das ihn absolut nicht gleichgültig lässt, nein, er ist erschüttert, fühlt sich geradezu vernichtet. Und jetzt weiß er nicht, wie er mit der Situation umgehen soll, denn Gleichmut lernt man nicht auf die Schnelle.
Wir sitzen also auf unserem Balkon, oben die Sonne, unten so allerlei, und jetzt geht ein heftiger Gewitterschauer nieder. Es hagelt sogar. Wenn wir jetzt immer noch stoisch sitzen bleiben, sind wir nicht mehr gleichmütig, sondern offenbar gleichgültig gegenüber unserer Gesundheit und unserem Wohlergehen. Wie gesagt: Ziemlich nahe Feinde, die beiden. Man muss echt aufpassen.
Mit diesen Worten - geschrieben auf meinem Balkon - verabschiedet sich mein Blog in eine kleine Sommerpause. Habt es schön luftig und kühl in den nächsten Wochen. Wir sehen uns wieder.
"Der persische Sufi-Mystiker Al Ghazzali sagte: 'Das Betreten des geistigen Pfades gleicht dem Abschießen eines Pfeils auf ein unsicheres Ziel, sodass man nicht weiß, was der Pfeil treffen wird.' Wie geht das überhaupt, den geistigen Pfad betreten? Wird man Schüler einer Lehrerin, eines Gurus oder eines Lamas? Gelobt man Gehorsam, legt man Gelübde ab, nimmt man eine spirituelle Praxis auf? All das ist möglich und bis heute hilfreich. Ich schlage eine andere Interpretation vor, die eine formale Praxis zwar keineswegs überflüssig macht, sie aber enorm vertiefen kann.
Wir gehen dann auf dem geistigen oder spirituellen Pfad, wenn wir uns bewusst sind, dass jede Handlung, jeder Schritt und jeder Gedanke sowohl auf der sichtbaren als auch auf geistiger Ebene stattfinden. Und wirken. Immer. Ob wir das bemerken oder nicht. Deshalb können wir sämtliche Umstände unseres Lebens zur Schulung unseres Geistes nutzen, genau dort, wo wir uns gerade befinden: inmitten unseres ganz gewöhnlichen Lebens. 'Mein' Geist ist aber kein kleiner Garten mit einem Zaun drumherum, in dem ich tun kann, was ich will. Auf subtile Weise ist mein Geist mit allem verbunden, was ist. Und so ist die Schulung meines Geistes ein Dienst für die Welt. Eine Gabe, die ich anderen schenken kann, auch wenn sie von dem Geschenk nichts wissen."
(Auszug aus meinem Buch "Geh, wo kein Pfad ist, und hinterlasse eine Spur", Herder Verlag)
Vor vielen Jahren entdeckte die Schriftstellerin Esther Kinsky bei einer Reise durch die südungarische Tiefebene ein verlassenes Kino. Zum Kino - genau gesagt: zu der besonderen Form des Sehens, zu der das Kino einlädt - hatte sie seit jeher eine Beziehung. Esther Kinsky kaufte das alte Kino, voller Hoffnung, einen "Raum des gemeinsamen Sehens" zu erschaffen. Die Geschichte des Kino-Kaufs zieht sich durch diese beiden Bücher, jedes ist auf seine Weise berückend schön.
Esther Kinsky fotografiert auch. Vor ein paar Wochen besuchte ich die Ausstellung ihrer Bilder (die übrigens im Buch "Weiter sehen" abgedruckt sind) in Freiburg. Es passte, dass kein Besucher da war, auch keiner, der mir was erklären wollte. Ich sah Bilder der Stille in Nicht-Farben: Bröckelnde Mauern, verlassene Höfe, struppige Hunde, herausgerissene Kinosessel. In ihrem Buch "Banatsko" sagt die Protagonistin einmal auf die Frage, warum sie solche Fotos mache: "Ich betrachte die Sprache der Dinge."
"Weiter sehen" fragt danach, WIE wir sehen. Beim Wie geht es um den Platz, den man selbst sehend einnimmt. Um den Blickwinkel und die Distanz zu den Dingen, Bildern, zum Geschehen, zu Nähe und Ferne, zur Weite: "Die Weite ist mehr als Ferne, sie ist das, was man an Möglichem zulässt." Das alte Kino ist gestorben, und Esther Kinsky denkt darüber nach, was das für eine Gesellschaft bedeutet: Ein Ort des gemeinsamen Sehens wird aufgegeben zu Gunsten des privaten Sehens in Internet und Mediathek. Ein philosophisches Buch, durchwoben von geradezu phantastisch anmutenden Geschichten von Menschen und Begegnungen. Mit Fotografien. Suhrkamp Verlag.
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Ein bescheidener Handy-Schnappschuss aus der Ausstellung. Das Glas spiegelt leider.
In "Banatsko" findet Esther Kinsky ein Dorf im Niemandsland von Ungarn, lässt sich nieder (und entdeckt ein verfallenes Kino ...). "Der Horizont lädt ein zum steten Absuchen der Ferne in Erwartung einer unbekannten Veränderung." Es ist still, der Wind weht übers flache Land, die Menschen sind schweigsam, der Akkordeonspieler, der Schneider und Attila: "Wenn wir auf der Veranda saßen, lernten wir kleine Lektionen der Vertrautheit, jenseits der Sprache. Was wir sagten, war Zubehör, das Mobiliar einer Intimität." Banatsko durchquere ich lesend wie einen Traum: Ich sehe Menschen, die anders sind als alle, die ich kenne, ich verliere mich in der Weite der ungarischen Tiefebene, die Farben sind gedämpft, nichts ist hier grell, glänzend oder neu. "Banatsko" ist eine Ode an die Melancholie, geschrieben in einer Sprache, die süchtig macht. "Banatsko", Verlag Matthes & Seitz
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