Sonntag, 19. Januar 2025

Seminar in Freiburg


Terrassen, Erker, Türmchen und eine Eingangshalle mit Kronleuchter: der Waldhof. Willkommen! 


Unser Leben ist voller Verpflichtungen, und nicht alle haben wir selbst gewählt. Aber wahre Freiheit ist ein geistiger Zustand, und wenn wir ihn kultivieren, erfahren unsere äußeren Bindungen eine neue Qualität. 

Unten in der Stadt werden die Narren sich frei fühlen, weil sie Pappnasen tragen und Alkohol trinken, aber wir werden oben am Waldrand im stillen Waldhof erkunden, was geistige Freiheit bedeutet - in meinem traditionellen Faschings-Retreat

Die innere Freiheit finden

28. Februar bis 2. März

Waldhof Freiburg

Wir werden wie immer auf sanfte Weise im Stil des Zen auf dem Kissen oder dem Stuhl sitzen, Vorträge und geführte Meditationen hören und Gehmeditation machen in Raum und Wald. Wir werden alle zusammen im Waldhof übernachten und gemeinsam essen. Und die ganze Zeit - abgesehen von zwei Rundgesprächen - im Schweigen verbringen, sodass die innere Stille sich aufbauen kann.

Du kannst Dich anmelden hier (klick).

Ich würde mich freuen, Dich zu sehen.

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Dienstag, 14. Januar 2025

Es knospt

 

Am Wochenende hat die Gemeindeverwaltung die vor den Türen liegenden Weihnachtsbäume abgeholt. Auf dem Gehsteig sind kleine Zweige zurückgeblieben, an denen zwei Wochen lang Licht und Freude hing: Kerzen, Kugeln, Schleifen, Süßigkeiten. Das Fest, das voller Gesang und Glocken war, verabschiedet sich mit dem Klang des Knirschens meiner Schuhe auf trockenen Nadeln.

Die Zeit der Kälte und Stille ist da. Auf den Feldern liegen noch ein paar Kürbisse und Maiskolben, die nicht schnell genug geerntet wurden und jetzt in der Faust des Frosts sind. Er wird sie so schnell nicht mehr hergeben, aber wer wollte sie überhaupt noch essen. Die Dachpfannen und Gartenzäune sind weiß, ohne beschneit zu sein. Nicht flockig und pulvrig weiß, sondern froststarr weiß. Auf den Straßen hin und wieder ein paar dick vermummte Menschen, die an den Leinen ihrer Hunde zerren in der Hoffnung, das Tier möge sich ihrer erbarmen und zurück ins warme Haus streben.

Aber - schau mal: Die Büsche und Bäume tragen den Frühling in fest verschlossenen kleinen Paketen. Schatzkästchen, in denen sie ihre Kräfte und Säfte sammeln, und irgendwann Ende Februar oder Anfang März werden die Kästchen so prall voll sein, dass sie von selbst aufplatzen. 

Wir frieren, es ist kalt, die Feste sind vorbei, die Plätzchen sind aufgegessen. Öde Zeit. Aber in uns sammelt sich still und leise die Kraft an, die uns durch den Rest des Jahres tragen wird. Wir dürfen sie nur nicht beim Wachsen stören.

Es ist ganz einfach, es geht so: 



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Mittwoch, 8. Januar 2025

Mit Anmut altern


 

Der britische National Health Service hat 2023 untersucht, wie man "schnell und eindeutig den Alterungsprozess eines Menschen prüfen kann". Der wichtigste Wert sei der Flamingo-Stand: Wer länger auf einem Bein stehen kann, lebe länger. Für den Einbein-Stand gibt es strenge Vorgaben, gestaffelt nach Alter. Die Vorgabe für meine Altersgruppe ist 18 bis 19 Sekunden. Hm? Auf dem rechten Bein stand ich heute morgen beim Zähneputzen 90 Sekunden, auf dem linken, na ja, 25.
 
Heute bin ich, die Alte, ein Jahr älter geworden. Der britische Health Service hat mir nicht verraten, wie alt ich mit diesen Werten insgesamt werden soll. Das interessiert mich auch nicht. Mir ist viel wichtiger, wie ich alt werde.

Ich möchte mit Anmut altern. Noch gelingt mir das nicht immer, ich weiß. Aber ich lerne.
 
Die Literaturredakteurin der Zeit, Iris Radisch, beklagte vor einigen Monaten die fehlenden Rollen-Vorbilder für alternde Frauen. Wo sind die tollen Alten? rief sie aus. Ich dagegen sehe mich in den Medien umzingelt von toll alternden, vor Tatkraft strotzenden, Motorrad fahrenden, die Nächte durchtanzenden und todschick (oder, alternativ, punkig) gestylten Frauen mit jungen Liebhabern, die mir zurufen: Du bist so alt wie du dich fühlst! Geh raus, genieße dein Leben! Ich weiß nicht, wie es euch geht, aber mich machen diese Frauen traurig. Ich werde das Gefühl nicht los, sie schreien mit knallengen Capri-Jeans und dickem Make-up gegen ihre Angst vor dem Alter an. Also: vor dem Sterben. Den Bestseller "Altern" von Elke Heidenreich habt ihr ja sicher alle gelesen. Es stehen hübsche und kluge Sachen drin, aber auch Frau Heidenreichs demonstrativ provokative Art zu altern ist nicht meine.
 
Mein Leben ist mit den Jahren immer stiller geworden, weil sich die Dramen verabschiedet haben. Musikalisch gesprochen: Mein Leben ist keine Oper mehr, sondern Kammermusik. Manchmal auch ein Solo-Gesang. Ich habe in meiner Jugend viel Energie vergeudet mit Diskussionen, Aufregungen und Verzweiflung über Belogenwerden, Betrogenwerden, verweigerte Chancen und unerwiderte Lieben. So viel Schmerz säumt meinen Weg, und manchmal war er durchaus berechtigt, hervorgerufen von familiären Umständen, die zeitweise unerträglich waren. Aber jetzt bin ich alt und stelle beglückt fest: Der Schmerz ist weg. Ich könnte ihn in mein Gefühl zurückrufen, wenn ich wollte, aber ich werde mich hüten, das zu tun. Es lebt sich so viel leichter ohne ihn. 

Die Tage haben irgendwie mehr Stunden, weil sie nicht mehr mit sinnlosen Diskussionen über dies und das gefüllt werden. Weil ich gelernt habe, den inneren Dialog abzustellen, ist Weite in meinen Geist eingekehrt. Jetzt erst hat die Welt in ihm Platz, und sie kommt mit ihren Pflanzen, Tieren und Menschen, mit den Jahreszeiten und dem Wetter. Ja, auch mit dem Weltgeschehen. Ich war noch nie so informiert wie heute, aber weil die Schmerzen der Welt nicht mehr auf innere Schmerzen treffen und potenziert werden, kann ich mitfühlen, ohne den Boden unter den Füßen zu verlieren. Übrigens vermeide ich diese unter Menschen meines Alters leider so verbreiteten und oft in wohligem Ton geführten Gespräche über Krankheiten und Gebrechen aller Art. Das wirklich Ernste verschlägt mir ohnehin die Sprache, und über Kleinigkeiten rede ich nicht.

Mit Anmut zu altern heißt für mich: Alles Künstliche in mir und an mir allmählich abzulegen. Mein Haar hat jetzt die Farbe, die mir von den Genen zugeteilt wurde ("mäusefarben" nannte es meine Mutter und färbte die Tochter wasserstoffblond), und nachdem mich meine Kontaktlinsen fast mein linkes Auge gekostet haben, finde ich mein Leben mit Brille viel unkomplizierter (einfach aufsetzen, nicht mühevoll einsetzen). Mit Anmut zu altern heißt für mich, eigene Prioritäten auf stille Weise zu setzen, ohne eine Demonstration daraus zu machen. Nein zu sagen, auch wenn andere ein Ja erwarten; nicht mitzulachen, wenn alle lachen, zu widersprechen, wenn Zustimmung erwartet wird, und immer öfter einfach den Mund zu halten. Sich nicht zu entschuldigen, wenn man abends lieber ein Buch liest, als mit anderen auszugehen, und es überhaupt fast schon als Kompliment anzusehen, wenn man als ungesellig gilt. Geselligkeit, das weiß man doch jenseits der Fünfundsiebzig, ist nicht Gemeinschaft und nicht dasselbe wie Interesse, Zuhören, Mitfühlen und Mitdenken.
 
Aber natürlich ist es ganz in Ordnung, Motorrad zu fahren und einen zwanzig Jahre jüngeren Liebhaber zu haben. Das ist vielleicht die wichtigste Eigenschaft der Anmut im Alter: Sie lässt jede und jeden so sein, wie er oder sie glaubt, sein zu wollen. So bunt und verrückt oder so still und zurückgezogen, so albern oder so ernsthaft. Ich will niemanden mehr erziehen (jedenfalls meistens). Ich will mich einfach nur an ihm oder ihr erfreuen. Und wenn in einer Begegnung nun wirklich gar keine Freude aufkommen will, stehe ich still auf und verlasse den Raum (das kann ich gut). Die lauten Leute werden mich nicht vermissen, die haben meine Anwesenheit vorher ohnehin nicht wahrgenommen.
 
Ich bin auf dem Weg zu einer wunderbaren Unsichtbarkeit. Die Tarnkappe, die ich als Kind gern gehabt hätte, wurde mir geschenkt. Sie heißt Alter. Ah, nicht mehr gesehen zu werden! Und deshalb unbehelligt und ungestört alles und alle sehen zu können ...

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Dienstag, 31. Dezember 2024

Willkommen, Jahr.


 Feuerwerk 2025. Spar-Version.  


Da bist du also. Unspektakulär über die Schwelle getreten, wie es deine Art ist. Das Spektakel über deine Ankunft haben wir ja selbst veranstaltet. Frisch siehst du aus. Die Jugend ist immer so verheißungsvoll. Alles ist noch möglich. (Genau: Alles! Weiß und Schwarz und alle Töne dazwischen.)

Noch kennen wir einander nicht, aber das wird sich ändern. Du und ich sind Kollegen in diesem weltumspannenden Unternehmen namens Leben, und Kollegen (ich gendere brav: Kolleg:innen) haben einander nicht ausgesucht. Wir müssen zusammenarbeiten, ob uns das passt oder nicht. Ob wir beide zusammenpassen, wird sich erst im Lauf der Zeit herausstellen. Habe ich je mit einem deiner Vorgänger zusammengepasst? War es nicht immer ein eher mühsames Zusammenraufen, ein Verhandeln und Diskutieren, ein emotionales Auf und Ab bei mir? (Hat Deinesgleichen Emotionen?)

Mir ist klar, dass wir ein Machtgefälle haben: Du hast weitgehend die Befehlsgewalt. Du legst mir das Zeug auf den Tisch, das ich abzuarbeiten habe in unserer befristeten Zusammenarbeit. Ihr mit euren Dreihundertfünfundsechzig-Tages-Verträgen verschwindet programmgemäß, während ich diese Firma nicht verlassen kann. Das heißt, ich könnte schon, aber ich will nicht. Ich gehöre zu den Altgedienten, die noch immer an ihrem Sessel kleben, und habe so viele von euch kommen und gehen sehen, dass ich vergleichen kann. Ihr seid ja praktischerweise durchnummeriert, und ich habe für gewisse Dinge ein gutes Gedächtnis. Deshalb behaupte ich, dass deine Kollegen mit den niedrigeren Nummern irgendwie freundlicher waren als dein Vorgänger, den wir gestern verabschiedet haben. Nicht so gestresst. Wir hatten mehr Spaß miteinander, scheint mir. Dein Kollege mit der Nummer 1975 zum Beispiel hat mich auf meine erste Auslandsreise nach Südfrankreich geschickt. Ein anderer, die Nummer 1981, hat mir meinen ersten Verlagsvertrag für ein Buch besorgt und Nummer 1988 hat mir ein einjähriges Sabbatical in Rom gewährt. 

Wie konnte es passieren, dass ihr solch eine Herausforderung geworden seid? Ihr knallt uns Riesenthemen hin, für deren Bewältigung wir alle gar nicht ausgebildet sind. Krieg, Klimaerwärmung, Ressourcenknappheit, Terrorismus, Armut. Wir sitzen in unseren kleinen Büros und sind hektisch am Recherchieren, wie wir denn was und wo und wie auf einigermaßen sinnvolle und möglichst heilsame Weise nicht einmal lösen, nein, sondern einfach nur in Schach halten können. Gibt es eigentlich eine Konzern-Zentrale, die euch all das mit auf den Weg gibt? Und wenn ja, wo sitzt die und wie kann ich mich dort beschweren?

Du stehst in der Hierarchie höher als ich. Klare Sache. Einerseits.

Andererseits bin ich nicht mehr sechzehn.

Mach dich darauf gefasst, dass ich mit fortschreitendem Alter ungehorsamer werde. Das heißt: Ich werde mir genau anschauen, was du mir auf den Tisch legst, und prüfen, ob es in meinen Zuständigkeitsbereich fällt. Kann ich eine Lösung finden für die Konflikte in Gaza? Nein. Aber zum Frieden in meinem Mietshaus kann ich etwas beitragen. Ich werde auch die Dringlichkeit der Forderungen selbst entscheiden. In Ruhe, und langsam. Da bleibt sicher so einiges liegen, aber weißt du was? Das Liegengebliebene hat die Tendenz, sich von selbst aufzulösen, und wenn nicht, ist es auf handliche Größe geschrumpft. Alles, was mal riesig aussah, wird irgendwann zu einer kleinen Figur, mit der man spielen kann. 

Noch etwas. Das Betriebsklima in unserem Welt-Konzern ist schleichend immer schlechter geworden. Wut, Angst, mürrische Mienen überall, Resignation. Ich sehe die Gründe dafür, ich verstehe sie. Aber als Seniorin in diesem Betrieb lasse ich mir von niemandem diktieren, wie ich auf all die Missstände und Defizite - wie gesagt, ich sehe sie - zu reagieren habe. Ich beantworte meine Frage von oben: Deinesgleichen hat keine Gefühle, die kommen von uns. Es wird also nur meine Mitmenschen irritieren und möglicherweise empören, wenn ich bei ihrem Geschrei nicht mitschreie, bei ihrer Wut nicht mitbrülle und ihre Hoffnungslosigkeit mit einem Lied besinge. Ich meine auch nach Jahrzehnten noch, dass meine Antwort für das Betriebsklima einen Unterschied macht. 

Willkommen also, Jahr. Schauen wir mal, wie wir beide zusammenarbeiten werden.

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Dienstag, 24. Dezember 2024

Gaudete!

 


Vor vielen Jahren verbrachte ich einmal das Weihnachtsfest im Intersein-Zentrum. Draußen lag der Schnee einen Meter hoch, drinnen leuchtete der schön geschmückte Weihnachtsbaum. Es war eine magische Atmosphäre, aber einem jungen Mann, der zum ersten Mal dort Gast war, gefiel sie gar nicht. Er sei, empörte er sich, extra in ein buddhistisches Haus gegangen, um der "christlichen Lüge von der Geburt des Kindes in der Krippe" zu entfliehen. Am nächsten Tag reiste er ab.

Das war schade. Denn was wir in der christlichen Kultur an Weihnachten feiern, ist universal und findet sich in allen Religionen: Wir feiern die Geburt des Lichts. Der tibetische Buddhismus spricht von der Grund-Lichtheit, und die Erfahrung dieser Lichtheit nennt das Zen Erleuchtung. 

Das Christentum erzählt dies in einer schönen Geschichte, die wir alle kennen und die im Lukas-Evangelium mit den berühmten Worten beginnt: "Es begab sich aber zu der Zeit ...". Und den Hirten auf dem Felde erschien ein Engel, der sagte: "Füchtet euch nicht. Siehe, ich verkündige euch große Freude, die allem Volk widerfahren wird." 

Die Geburt des Lichts fand nicht einmalig vor zweitausendvierundzwanzig Jahren in irgendeinem Stall in einer Stadt namens Bethlehem statt, sondern sie geschieht in uns, immer wieder. Wir selbst sind das Licht, und die Weihnachtsgeschichte erinnert uns daran, uns wieder mit ihm zu verbinden. Wir alle kennen die große Freude, die hier verkündet wird. Sie ist ganz nah, und sobald wir uns vertrauensvoll öffnen und ganz und gar im Augenblick sind, leuchtet sie auf. In einer Liebesbegegnung, bei der Geburt unseres Kindes, am Sterbebett eines geliebten Menschen.

Ich wünsche Dir und Ihnen die Erfahrung dieser Freude. Apollo 5, die wunderbare Gruppe aus England, interpretiert "Gaudete" so mitreißend, dass ich es mit euch teilen möchte. Dieser jubelnde Schluss-Akkord enthält eigentlich alles, was es über Weihnachten zu sagen gibt.

Vergesst meine Worte, hört Gaudete. Freut euch!

Eure Margrit

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Donnerstag, 19. Dezember 2024

Der Frühstücksmann

 


Ich lag auf dem Rücken. Das hatte Gründe. In meinem linken Arm steckte eine Kanüle, und meinen Kopf hatte ich in eine halbwegs sinnvolle Lage auf das Kissen gelegt, weil ich ihn in den nächsten Stunden oder Tagen nicht verschieben wollte. Jede Umlagerung versetzte das Zimmer um mich herum in ein Kreisen und Wirbeln; meine Augen fanden nirgendwo einen Halt, und mein Mageninhalt wollte nicht bei mir bleiben. Ich befand mich in diesem Bett auf hoher See, unsichtbare Wellen schlugen über mir zusammen; da draußen musste irgendwo ein Orkan toben, den nur ich bemerkte. Wenn man seekrank ist, muss man sich flach legen und die Augen schließen. Die Position, in der ich mich befestigt hatte, war leicht nach rechts geneigt. Abgewandt vom Nachbarbett, das leer war, hin zur Tür, die ich nicht sehen konnte, weil sie sich hinter dem Schrank befand. Draußen war Hochsommer, drinnen war es heiß. Zwei Monate später würde feststehen, dass dies der heißeste Sommer seit Beginn der Aufzeichnungen gewesen war. 

Meine Welt war auf kleines Format geschrumpft. Weißes Bettzeug, das Schnurren des Ventilators, im Augenwinkel ein Glas Wasser. In dieser Liliputwelt aber war meine Freude rasant gewachsen. Offenbar hatte sie sich vorher zwischen E-Mails, Laptop und Bücherbergen eingesperrt gefühlt. Das war wohl doch nicht so ganz ihre Welt, was mir erst jetzt auffiel. In der weißen Kargheit hatte sie Raum, sich zu entfalten. Die einzige Geste, zu der ich fähig gewesen wäre, war ein Wedeln der rechten Hand. Also nichts, was sie verscheucht hätte, und so ließ sie sich auf meiner Reglosigkeit nieder, freudig, wie das so ihre Art ist. Sie fand die Bläschen im Kanülenschlauch lustig und die plötzlich in mein Leben getretene Zwangsruhe erholsam. Sie vermisste nichts und verlangte nicht nach Abwechslung und Bespaßung.

Um acht Uhr kam der Frühstücksmann. 

Er öffnete die Tür, die ich nicht sah, und blieb lächelnd neben dem Schrank stehen, den Kopf leicht geneigt. Er war lautlos hereingeschwebt. Von draußen brach ein Lärmschwall in meine Stille, er zog die Tür schnell zu. Es gibt das professionelle Lächeln, das hier viele hatten, aber seins meinte mich: Es erreichte die Augen. Guten Morgen, sagte er, klappte den Flügeltisch über mein Bett und stellte das Tablett darauf. Behutsam. Mit ruhigen Bewegungen. Er hob die Glocke über zwei eingepackten Brotscheibchen, einem Stückchen Butter in Aluminium und einem Schälchen Marmelade. 

Überschaubar, sagte er. 

Aber es wird mir serviert, sagte ich.

Er hakte die Lieferung an mich auf seiner Karteikarte ab, studierte sie und sagte nebenbei: Sie bekommen heute eine Mitbewohnerin. Ich habe sie gerade unten gesehen. Eine junge Frau. Keine Dame.

Sie differenzieren, sagte ich.

Er lächelte. Er war, schätzte ich, Mitte, Ende fünfzig. Welches Schicksal oder welcher Entschluss hatte ihn zum Frühstücksmann im achten Stock der Universitätsklinik gemacht? Er sollte inmitten von Büchern leben, in einem Raum, der erfüllt war von klassischer Musik, vielleicht von Düften aus der Küche, die an ferne Länder denken ließen. Bevor er ging, blieb er neben dem Schrank stehen, sodass ich ihn sehen konnte, legte den Kopf auf die Seite und sagte lächelnd: Guten Appetit.

Gegen Mittag kam die Nicht-Dame. Sie riss die Tür auf, warf ihre Sachen auf das Bett und stellte den Ventilator auf die höchste Stufe. So eine Scheiße, knurrte sie. Ich könnte jetzt baden gehen, stattdessen haben die mich hier eingeliefert. Ich wäre auch lieber am See, sagte ich. Sie hörte mich gar nicht, sie hatte mich nicht einmal angesehen. Als ich zwei Tage später entlassen wurde, hatte sie immer noch kein Wort mit mir gewechselt.

Am nächsten Morgen um acht kam der Frühstücksmann.

Warum kommen Sie denn so spät? rief die Nicht-Dame. Ich muss los, ich habe eine CT. 

Sie drängte sich an ihm vorbei und warf die Tür hinter sich zu. Er stand noch immer neben dem Schrank, legte den Kopf auf die Seite und lächelte mich an. Er machte sehr klar, dass er dieser Frau nicht die Macht einräumte, sein Begrüßungs-Ritual zu stören. Dann drehte er das Tischchen über mich, stellte behutsam das Tablett darauf und hob die Glocke. Zwei frische Brötchen, zwei Scheiben Emmentaler, Marmelade, Butter. Sie hatten vegetarisch bestellt, sagte er, deshalb habe ich Käse gewählt.

Wir sahen einander an. 

Ich erkenne meinesgleichen, wenn ich ihm begegne. Dem Menschen, der keinen Smalltalk braucht, um zu kommunizieren. Der weiß, dass die wahre Begegnung zwischen zwei Menschen in Gesten und Blicken besteht, und dass man darüber kein Wort verlieren sollte.

Er hakte die Frühstückslieferung auf der Karteikarte ab und sagte nebenbei: Wenn Menschen krank sind, zeigen sie, wer sie wirklich sind. Aber das wissen Sie natürlich.

Die sozialen Masken fallen, sagte ich, und die Wut bricht heraus.
 
Und die Sanftheit, sagte er lächelnd. Aber das wissen Sie natürlich.
 
Erst jetzt fiel mir seine fahle Gesichtsfarbe auf. Sein Pullover hing formlos an ihm herab; sein Body Mass Index war vermutlich so unterirdisch wie meiner. Er blieb neben dem Schrank stehen, neigte den Kopf und lächelte. Dass er nicht "bis morgen" gesagt hatte, fiel mir erst am nächsten Tag auf, an dem eine Küchenhilfe die Tür aufriss und mein Tablett auf den Tisch am Fenster knallte.
 
Seine Sanftheit ist immer noch da.
 
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Freitag, 13. Dezember 2024

Margrit & MARGRIT


Nach dem Krieg lebten meine Mutter, mein Stiefvater und ich in einem Zimmer in einer alten Villa. Im ganzen Haus hatten sich solche nach dem Krieg Gestrandeten und Ausgebombten wie wir zusammengefunden. Zimmer an Zimmer, keine Bäder, Gemeinschafts-Toiletten auf dem Flur. Da schloss man sich einander an, man hatte ja ähnliche Schicksale. Meine Mutter wählte die Frau, die einen Stock über uns mit ihrem kleinen Sohn lebte. Frau Wende illustrierte Kinderbücher, und ich bekam von ihr Schätze, die, wie ich heute weiß, Belegexemplare waren: Bücher von Johanna Spyri, Bilderbücher und "Wir lesen die Uhr", das mich entzückte, weil auf dem Cover drehbare Zeiger aus Plastik waren. Am meisten liebte ich meine Anziehpuppe aus Pappe mit ihren Mäntelchen und Schühchen. Frau Wende entwarf auch Puppen für die Firma Schildkröt, und weil sie mich niedlich fand (ich war mal niedlich), dachte sie sich eine Puppe für mich aus und nannte sie Margrit.

Als die Puppe kam, war ich bitter enttäuscht. Sie hatte lange schwarze Zöpfe, aber ich hatte kein schwarzes Haar, und für Zöpfe war es zu dünn. Ich beklagte mich bei meiner Mutter mit den Worten: Das bin nicht ich. (Als Kind schon Zen praktiziert und erkannt, dass ein Abbild nicht die Sache selbst ist!) Trotzdem war ich aufgeregt und stolz, als MARGRIT im Schaufenster des örtlichen Spielwaren-Ladens saß.

Heute weiß ich, dass Ilse Wende-Lungershausen eine bekannte Illustratorin war, die unter anderem 1933 ein nationalsozialistisches Propagandabuch ihres Ehemannes Bernhard Wende illustriert hatte, aber das vertiefen wir hier nicht. 

Die Puppen wurden mit einem Booklet beworben, und als ich neulich in einer Kiste stöberte, die ich jahrelang nicht geöffnet hatte, tauchte es auf. Die Prosa, die meiner Puppe und mir angedichtet wurde, will ich euch nicht vorenthalten, weil sie ein Ausdruck ist für die Erziehung, der wir Nachkriegskinder unterworfen waren. Ja, das hier war ernst gemeint.

"Mein liebes Kind, was wünschst du dir
zum Weihnachtsfeste denn von mir?"
fragt Großmama die Silvia,
und gleich ist auch die Antwort da:
"Ein Schildkröt-Püppchen wär für mich
die höchste Freude sicherlich,
weil schon das kleinste Püppchen man
nett kleiden und auch baden kann."
Großmama lächelt still und geht. -
Zum Christfest war dann ein Paket
mit einer großen Puppe da,
wie Silvia noch keine sah,
ein Bilderbuch dazu, drin stand
nur dieser Satz von Omas Hand:
"Die größte, schönste MARGRIT ist
dein Lohn, weil du bescheiden bist!

Drum, liebes Kind,
merk dir geschwind:
Zeig stets dich voll Bescheidenheit,
sie ist des Kindes Ehrenkleid!"

Mit Ergriffenheit sehe ich, dass ich mit vier Jahren die größte und schönste Margrit war. Das war das erste und dann auch das letzte Mal in meinem Leben.

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Freitag, 6. Dezember 2024

Jan-Philipp Sendker "Akikos stilles Glück"

 

Manchmal fällt mir in der Bücherei ein Buch auf, weil es so ein schönes Cover hat. Sendker? Nie gehört. Aber: Japan! Also mitgenommen. Angefangen zu lesen. Und nicht mehr aufgehört.

Akiko, eine dreißigjährige Buchhalterin in Tokio, ist mit ihrem stillen Leben zufrieden. Wie alle gut bezahlten Büroangestellten arbeitet sie bis acht Uhr abends, isst in einem Kaiten-Sushi eine Kleinigkeit und fällt müde ins Bett, Tag für Tag. Eines Abends begegnet sie ihrem alten Schulfreund Kento, der ein hochbegabter Pianist war, aber inzwischen seit Jahren seine Wohnung nur noch nachts verlassen kann. Ein Hikikomori, der - schätzungsweise gibt es eine Million von ihnen - die moderne Gesellschaft mit ihrem Lärm und ihrer Hektik nicht erträgt. Ein Hochsensibler. Die beiden nähern sich behutsam einander an. Zwei, die Stille lieben und am liebsten allein sind und sich doch danach sehnen, von einem anderen erkannt und gesehen zu werden als die, die sie sind.

Kento stellt Akiko zwei Fragen: Wer bist du wirklich? Und: Magst du dich? Auf langen Spaziergängen durch das nächtliche Tokio versucht sie, Antworten darauf zu finden. Und dann entdeckt sie beim Sichten der Schriftstücke ihrer verstorbenen Mutter etwas, das ihr ganzes bisheriges Leben infrage stellt. Sie ist nicht die, die sie zu sein glaubte. Wie aber kann sie sich finden?

Jan-Philipp Sendker war jahrelang Asien-Korrespondent des "Stern". Wenn ich nicht wüsste, dass er Deutscher ist, hätte ich vermutet: Dies hat ein Japaner geschrieben, oder besser noch: eine Japanerin, denn wenige männliche Autoren können sich in eine weibliche Hauptfigur hineinversetzen - und das Buch ist in der Ich-Form geschrieben. Sendker hat ein feines Gespür für die Zwischentöne und Gesten, die in der japanischen Gesellschaft so ungemein wichtig sind. Es gibt Szenen in diesem Buch, die uns klar machen, was japanische Höflichkeit wirklich ist: Aufmerksamkeit und Wertschätzung für den anderen und seine Grenzen, die zu wahren in einem so dicht besiedelten Land absolut notwendig ist. Was aber eben auch die Einsamkeit in den Großstädten verstärkt.

Einmal fährt Akiko nachts mit dem Taxi durch Tokio, einfach so, und der Taxifahrer - einer von der alten Schule, weiße Handschuhe, wahrscheinlich, sage ich mal, Häkeldeckchen auf den Kopfstützen (ich liebe japanische Taxis!) - schaltet irgendwann den Taxameter aus. Die junge Frau und der alte Mann hören leisen Jazz aus der Anlage, und dann nimmt der Mann sie um Mitternacht mit in ein winziges Lokal, in dem die Taxifahrer des Viertels eine Pause einlegen. Und kein einziger Missklang ist zu hören, kein Mann versucht, die junge Frau anzumachen, alle sehen sie an und wissen: Hier ist eine Frau auf der Suche nach etwas, was sie in dieser Nacht nicht finden wird, und man kann ihr auch nicht helfen dabei, aber man kann ihr ein paar gegrillte Hühnerflügel und Edamame-Bohnen anbieten, mit denen sie diese Nacht überstehen wird.

Ein wunderbares Buch. Nachdenklich, melancholisch, tröstlich, voller Wärme und federleicht geschrieben. Wenn ihr jemanden kennt, der Japan liebt, die Stille und die Behutsamkeit zwischen Menschen - schenkt es ihr oder ihm zu Weihnachten. Oder euch selbst.

Jan-Philipp Sendker "Akikos stilles Glück", Blessing Verlag, 24 EUR.

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Samstag, 30. November 2024

Die Granatapfel-Meditation


 

Du brauchst eine tiefe Schüssel und ein gutes Messer. Ein gutes Messer ist scharf, aber sensibel. Es folgt dir bedingungslos und geht nicht seiner eigenen Wege. Mit diesem Messer setzt du in die Schale des Granatapfels rundherum vier Schnitte, aber nur so tief, dass gerade die Schale angeritzt wird. Du hast ein sensibles Messer, das kann so was. Dann ziehst du vorsichtig den Granatapfel über der Schüssel in der Mitte auseinander.

Hör dir das an: Es klingt, als würde etwas Gewaltiges, Hölzernes bersten. Ein Hochwald vielleicht, durch den ein Orkan fährt, oder ein Dachstuhl. Und wenn die Schnitte genau richtig gesetzt waren, nicht zu tief und nicht zu oberflächlich, öffnet sich das Wabengewebe mit allen intakten Perlen. Zwischen den Wabenwänden sitzt jede Perle auf ihrem eigenen kleinen Sessel, in einer Versammlung von zweihundert selbstbewussten Einzelgängern, und wenn du eine Perle löst, bleibt auf ihrem Sitz ein kleiner roter Punkt zurück wie eine Wunde.

Die Banane ist eine zugängliche Frucht. Sie lässt sich ohne Umstände ausziehen, liegt anschmiegsam in der Hand und wölbt sich schamlos jedem Mund entgegen, aber der Granatapfel will nicht gegessen werden. Es ist mir schleierhaft, wie Adam und Eva im Paradies die Schale dieser Frucht knacken konnten, ohne die Perlen zu beschädigen. Vielleicht lag der Sündenfall ja darin, dass Adam mit brachialer Gewalt in die Wunderkammer eingebrochen ist. So wie in den Filmen auf youtube, in denen Köche den Granatapfel mal eben mittendurch hacken und zeigen, dass sie ihr Gewerbe in Blindheit und Taubheit ausüben.

Vielleicht wäre es den Granatapfel-Perlen lieber, in eremitischer Einsamkeit still vor sich hin zu faulen, aber wer einmal diese Köstlichkeit gegessen hat, wird das dem Apfel nie wieder erlauben. Du musst sie einzeln essen, Perle für Perle, und jede wird dir Widerstand leisten. Ihre Haut schützt ziemlich zuverlässig den kostbaren Inhalt, der aus jeweils einem einzigen Tropfen besteht. Aber was ist das für ein Tropfen! Er füllt deinen Mund mit Süden und Wärme, mit einer Sommernacht unter Sternen, und vielleicht siehst du Glühwürmchen taumeln und hörst Zikaden sägen mitten im nebligen deutschen Dezember.

Und da wir nicht mehr im Paradies leben, ist es keine Sünde, einen Granatapfel zu essen. 

Ich wünsche dir, was ein englischer Freund mir einmal wünschte, als er noch nicht gut Deutsch sprach: Ich wünsche dir einen sinnlichen ersten Adventssonntag.

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Mittwoch, 20. November 2024

Erst SEIN, dann TUN



 

Ich verfolge als stille Mitleserin ein paar Blogs anderer Autor/innen, und in allen ist, wenig überraschend, im Moment die gesellschaftliche Ratlosigkeit und Resignation das beherrschende Thema. Und alle stellen die Frage: Was sollen, können wir denn jetzt tun? Die offensichtliche Antwort darauf ist, dass wir als Einzelne gar nichts dazu beitragen können, den Krieg in der Ukraine und den im Gazastreifen zu beenden, den USA einen anderen Präsidenten zu bescheren oder uns eine Regierung, die tatsächlich neue kreative Ideen für unsere Probleme hat und auch weiß, wie man sie umsetzen kann (und das Geld dafür irgendwo auftreibt).

In Zeiten der Verunsicherung neigen wir dazu, in Aktionismus zu verfallen. Der Begriff Aktionismus kommt im alltäglichen Sprachgebrauch fast zwingend mit dem Adjektiv "blind" daher. Der Philosoph Wolfram Eilenberger, den ich sehr schätze, nimmt diese sprachliche Fügung feinsinnig auseinander und sagt: "Aktivismus ist ein Bewusstseinszustand, der sich bewusst blind macht für das, was er noch nicht bedacht hat." 

Darum geht es nämlich, wenn wir in hektisches Tun verfallen: Wir versuchen, der Verunsicherung durch die Umstände mit Eindeutigkeit zu begegnen, und diese von uns selbst behauptete Eindeutigkeit wird zur Grundlage unseres Handelns. Nachzudenken, abzuwägen, Argumente hin- und herzubewegen und der eigenen Intuition zu lauschen, würde uns die äußere Unsicherheit erst bewusst machen und uns zusätzlich in innere Verunsicherung stürzen. Die Blindheit des Aktionismus ist dazu da, unsere Angst unter Kontrolle zu bringen.

Thich Nhat Hanh pflegte uns immer wieder klarzumachen: Dein Sein ist wichtiger als dein Tun. Wenn ich das in einem Vortrag sage, wird mir hinterher regelmäßig vorgehalten, dass es doch nicht im Sinne eines sozial engagierten Buddhismus sein kann, sich gemütlich in die Hängematte zu legen, während die Welt im Chaos versinkt. Ich finde es bemerkenswert, dass der Begriff Sein, wenn er im Zusammenhang mit dem des Tuns benutzt wird, offenbar negativ konnotiert ist und die Assoziation von Faulheit und Ignoranz hervorruft.

Aber wir dürfen nicht vergessen, dass dieser Satz von Thay keine philosophische oder politische, sondern eine spirituelle Aussage ist. Und die Grundlage für unsere spirituelle Praxis in all ihren Facetten ist das Wissen um, die Erfahrung von oder zumindest das Vertrauen in die Verbundenheit alles Seienden. Unser Seinszustand bestimmt, wie wir denken, fühlen und leben, und all dies wiederum strahlt ungehindert aus in das große Ganze. Wir müssen uns also zuerst um unseren eigenen Zustand kümmern, und das tun wir mit dem, was wir Praxis nennen. 

Wir halten also inne, atmen und schauen uns bewusst an, was in uns und um uns herum vorgeht. Einfach wahrnehmen, klar und ohne Angst vor dem, was wir entdecken könnten. Weiteratmen. Neu hinschauen. So lernen wir uns selbst, unsere Motivationen und vor allem unsere Ressourcen kennen. Wir sehen auch die äußeren Umstände neu, ihre zahlreichen Facetten und unsere Beziehung zu ihnen. Thay nannte das Ergebnis unserer Praxis "Einsicht": Wir sehen die Dinge in der Tiefe und schauen sie nicht mehr im Licht unserer Vorurteile von außen an. Und daraus ergibt sich unser Handeln, aber jetzt ist es nicht einem blinden Aktionismus entsprungen, sondern wurzelt in unserem Sein. 

Ein solches Tun ruft kein Chaos hervor, sondern ist hilfreich für alle Beteiligten.

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