Samstag, 19. April 2025

Die Paschas


 

Eine persische Legende. Einst herrschte ein König unumschränkt im Land und erteilte willkürliche Befehle, denen jeder zu gehorchen hatte. Niemand wagte ihm zu widersprechen, denn seine Kritiker wurden sofort gnadenlos enthauptet. Eines Tages rief er seine Wesire zu sich und sagte, er wolle von ihnen die Wahrheit hören. Wenn sie die richtige Antwort gäben, würde er ihnen das Leben lassen; die Lüge aber würde sie das Leben kosten. Die Frage war: "Wer ist größer - ich, der König, oder Gott?"

Die Wesire berieten sich bestürzt. Jeder wusste, was der König zu hören wünschte, aber damit würde er sie zwingen, eine Lüge auszusprechen und Gott zu lästern. Das war dem König völlig klar. Sie saßen also in der Falle; jede ihrer Antworten wäre ihr Todesurteil. Nach einer Weile sagte der Großwesir: "Ich nehme die Sache in die Hand."

Sie versammelten sich erneut im Thronsaal, und der König forderte den Großwesir auf, zu sprechen. "Mein König", begann der Wesir, "es ist vollkommen klar, dass Ihr der Größte seid, denn Ihr habt die Macht, uns jederzeit aus Eurem Reich zu verbannen. Während Gott diese Macht nicht hat, denn sein Reich ist überall. Wohin sollte er jemanden verbannen."

Es  hat sie immer gegeben und wird sie immer geben, die Könige, Kaiser, Paschas und Präsidenten dieser Welt, die unumschränkte Macht zu haben glauben und sie nicht haben. Auch sie sind der größeren Macht unterworfen, die im Lauf der Jahrtausende viele Namen bekommen hat und doch keinen Namen braucht, denn sie ist. Sie wirkt. Sie war immer und wird immer sein.

Wir vergessen sie nur zu leicht, denn die weltlichen Könige schreien so laut, dass unsere Ohren taub geworden sind.

Die Christenheit feiert an diesem Wochenende das Fest einer Auferstehung. Etwas, das scheinbar gestorben war, erhebt sich erneut. Das Osterfest ist ein Symbol für die zyklische Veränderung des Lebens und schenkt die Gewissheit, dass alles, wirklich alles, sich wandeln muss, weil dies das Wesen alles Lebendigen ist.

Wir sind nicht Verbannte, sondern für immer Aufgehobene. 

Ich wünsche euch die Freude am Lebendigsein, den Mut, sie auszudrücken, und das Vertrauen in die uralten Gesetze der Natur.

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Sonntag, 13. April 2025

Der Bücherdieb

 

Hier wär`s legal


Bei uns gibt es Sozialkaufhäuser, die eine fabelhafte Auswahl an Büchern haben. Jedes Buch ein Euro, mittwochs siebzig Cent. Vor einem Monat habe ich einen Karton Bücher gespendet, Romane von guten Autoren, die es schaffen, gleichzeitig klug und unterhaltsam zu schreiben. Raritäten also.  Ich freue mich zu sehen, dass nur zwei meiner Bücher keinen Käufer gefunden haben. In einem von ihnen blättert gerade ein Mann, den ich hier noch nie gesehen habe. Ausgebeulte Hose, unförmiges Cord-Jackett, aber ein tadelloser Haarschnitt. Pensionierter Lehrer, gescheiterter Philosoph, Künstler? Er stellt das Buch zurück und greift nach dem zweiten meiner Bücher. 

Hinten bei den Haushaltsgeräten gibt es eine kleine Explosion, so was kommt öfter vor. Die gespendeten Geräte werden zur Probe angeschlossen und erweisen sich als reparaturbedürftig. Als ich mich wieder umwende, sehe ich eine Hand mit meinem Buch in der Tasche des Cord-Jacketts verschwinden. Sehe jetzt auch, wovon diese Hose so ausgebeult ist. Der Mann besorgt sich seinen Lesestoff fürs Wochenende, offenbar ein Vielleser. Jetzt schlendert er zum Ausgang, betont unauffällig. Es fehlt nur, dass er zu pfeifen anfängt. Ein Anfänger. Muss im hohen Alter noch eine nie geübte Tätigkeit erlernen, sie liegt ihm nicht, das sieht man ihm an. 

An der Kasse vorbei, an der unübersehbar ein Schild hängt mit der Aufschrift "Jeder Diebstahl wird zur Anzeige gebracht". Ich beginne zu grübeln. Wo ist die Anzeige, fern, nah, um die Ecke? Und wie bringt man den Diebstahl dorthin?

Die Antennen von Herrn Schreck sollten jetzt vibrieren, aber Herr Schreck packt gerade an der Kasse den Einkauf einer Kundin ein. Jetzt müsste also ich. Genau sein. Streng. Steht deutlich an der Kasse: Jeder Diebstahl wird zur Anzeige gebracht! Vier Taschenbücher, heute ist Freitag, macht vier Euro. Haben Sie gerade nicht dabei? Dann hätten wir eine andere Zahl für Sie. 110. 

Der Mann beschleunigt seinen Schritt, läuft die Verandastufen hinunter, schwingt sich auf ein klappriges Rad und radelt davon. Ein freiberuflicher Philosoph, dessen Philosophie so unverständlich ist, dass sie niemanden interessiert? Ein Bildhauer, der seit zehn Jahren nichts verkauft hat? Man muss die Bücherliebhaber lieben. Kein Tablet, kein Tolino. Papier. Bücherliebhaber sind aus der Zeit gefallen, kommen nicht mehr mit. Werden auch nicht mehr in sie hineinfinden, die Zeit ist immer schneller als sie auf ihren klapprigen Rädern. Ich wüsste gern, was er außer meinem Buch geklaut hat. Vielleicht hätte ich ihn beraten sollen, auch ein Diebstahl muss sich lohnen.

Ich fühle mich sehr beschwingt.

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Sonntag, 6. April 2025

Die schöpferische Kraft erwecken


 Der schöne Zendo in St. Virgil


Was brauchen wir, um mit den vielfältigen Herausforderungen, denen wir uns im privaten wie im globalen Bereich gerade gegenübersehen, auf heilsame und konstruktive Weise umzugehen? Wir brauchen unsere schöpferische Kraft. Das wertvolle Neue aber können wir uns nicht ausdenken. Hier geht es nicht um "Kreativität" - jene trainierbare Fähigkeit, die Firmen von ihren Mitarbeitern fordern, damit sie produktivere Ergebnisse liefern. Schöpferkraft ist eine spirituelle Dimension, die aus der Tiefe unseres Seins entspringt.

Mit diesem Thema wollen wir uns in meinem nächsten Retreat in Salzburg befassen:

16. - 18. Mai 2025

Die schöpferische Kraft erwecken

Bildungshaus St. Virgil, Salzburg

Mehr Informationen und Anmeldung hier (klick).

Sehen wir uns? Ich würde mich freuen.

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Mittwoch, 2. April 2025

Der Duft von Pflaumenblüten




Ohne eine lange Zeit grimmiger Kälte,
die dir in die Knochen fährt -

wie könnten die Pflaumenblüten
dich erfüllen mit ihrem durchdringenden Duft?

Huangbo

 

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