Diesen Post hatte ich am Wochenende vorbereitet, als Weihnachtsgruß an meine Blogleserinnen und -leser. Dann geschah der Anschlag in Berlin. Wie das so üblich ist, haben jetzt viele Menschen entschiedene Meinungen und wissen genau, was nun getan werden muss. Ich weiß es nicht. Ich möchte schweigen zu dem, wofür mir die Worte fehlen. Aber vielleicht zeigt dieser Weihnachtstext, den ich unverändert stehenlasse, den heilsamen Weg, den wir miteinander gehen sollten.
Früher habe ich das Weihnachtsfest gerne in buddhistischen Praxiszentren verbracht, zum Beispiel in Plum Village bei Thich Nhât Hanh. Mit Respekt feierten die vietnamesischen Mönche und Nonnen mit uns die Geburt Jesu; ein Mythos, mit dem sie sich ohne zu zögern verbinden konnten, denn sie lasen den Mythos so, wie er gelesen werden muss: Als Metapher für unsere eigene Göttlichkeit; als ein spirituelles Geschehen in uns selbst, das wir - durch Praxis oder auch durch Gnade - selbst erfahren können und müssen.
Probleme mit dieser Geschichte hatten nur einige der Gäste - sie waren aus ihrem westlichen Alltag geflohen, um diesem für sie grässlichen Fest zu entrinnen, das ihnen nichts sagte, und fanden sich wieder in einer Weihnachtsfeier mit Weihnachtsliedern aus aller Welt, Plätzchen und Lichtern überall. Ich erinnere mich an Wutausbrüche und ein paar sehr plötzliche Abreisen. Sie hatten noch nicht begriffen, dass Religion im Tiefsten weder theologisch noch historisch erfasst werden kann. Jede Religion ist ein Mythos, der uns etwas über uns selbst erzählt. Auch die Geschichte über das Kind in der Krippe hat mit uns selbst zu tun. Ich habe ein paar Aussagen von Thich Nhât Hanh zum Weihnachtsfest zusammengestellt, aus dem Buch "Dialog der Liebe. Jesus und Buddha als Brüder" aus dem Verlag Herder.
"Vor zweitausend Jahren wurde der Welt das Kind Jesus geboren. Jesus Christus wird auch heute noch geboren, sooft du den Samen des Heiligen Geistes in dir berührst. Die Evangelien beschreiben, wie der Himmel sich öffnete, als Johannes Jesus taufte, und wie der Heilige Geist wie eine Taube zu ihm herabfuhr und in ihn einströmte. Fortan konnte Jesus Wunder vollbringen und den Menschen Kraft schenken und sie heilen.
Die Samen des Heiligen Geistes liegen in uns allen, wir müssen ihnen nur Nahrung geben und sie hegen und pflegen, damit sie sich entwickeln können. Wir, die wir Achtsamkeit praktizieren, glauben, dass der Heilige Geist das Äquivalent zur Energie der Achtsamkeit, d. h. zur Energie des Buddha, ist.
Wir sterben so oft am Tag. Wir verlieren uns so oft am Tag. Wenn du dich nicht um Achtsamkeit bemühst, verlierst du Tag für Tag dein Leben und hast keine Chance, wiedergeboren zu werden. Erlösung und Auferstehung sind weder bloße Begriffe noch Objekte des Glaubens. Sie sind unsere tägliche Praxis. Wir üben auf eine Weise, dass in jedem Augenblick unseres täglichen Lebens der Buddha und Jesus Christus wiedergeboren werden - nicht nur am Heiligen Abend. Das ist an jedem Tag möglich, in jeder Minute.
Wenn du, während du Kaffee trinkst oder dein Kind an die Hand nimmst und mit ihm spazieren gehst, wirklich da bist, ganz präsent und gesammelt, dann nimmt deine Freude an Kraft zu. Dann verstehst du besser, was um dich herum geschieht. In dir ist ja Achtsamkeit, in dir ist Konzentration, dein Geist ist gesammelt. Und deine Achtsamkeit, dein gesammelter Geist und deine Einsicht bewirken, dass deine Freude und dein Frieden an Intensität zunehmen. Das hat universale Gültigkeit. Du kannst viel tun, damit diese Kräfte in dir wachsen. Du kannst sie zu einem Fundament deines Handelns machen, zum Fundament deines Praktizierens, zum Fundament deines ganzen Lebens - zu deinem geistigen Erbe. Tust du das, wirst du feststellen, wie unendlich reich du in spiritueller Hinsicht bist."
Danke für diesen schönen Blogeintrag. Sich und allem umsich herum mehr Achtsamkeit schenken - darum will ich mich jeden Tag erneut bemühen.
AntwortenLöschenFrohe Festtage wünsche ich dir von Herzen.
Ellen
Danke für den schönen Eintrag. Dieser Text erinnert mich wieder, daß gerade diese Liebe im Alltag, das Leben sinnvoll macht.
AntwortenLöschenLiebe Frau Irgang ich wünsche Ihnen recht frohe Weihnachten Gitti
Liebe Margrit Irgang,
AntwortenLöschender Stern ist hypnotisierend! Danke auch für den schönen, leisen Beitrag und den Verweis auf das Buch von Thich Nhat Hanh, welches ich schon einmal ins Auge gefasst und aber zwischenzeitlich vergessen hatte.
Das Buch von Schwester Theresia Raberger wurde gerade auch in einer Frauenzeitschrift (Lisa) besprochen - die beiden Bücher (bzw. die Vorfreude auf die Lektüre selbiger) sind dann schon zwei Gründe, weshalb ich mich auf das Jahr 2017 freue.
Ich wünsche auch Ihnen schöne Weihnachten!
Liebe Grüße aus Berlin, Jenny
Schöne Weihnachten, liebe Margrit, wünsche auch ich Dir.
AntwortenLöschenDanke für soviele wertvolle Gedanken. Diese hier werde ich sicherlich mit in die Zeit zwischen den Jahren nehmen.
Auf dass viele, viele Lichter leuchten!
Liebe Grüße, Taija
Es tut mir sehr gut, diesen Text am Heiligen Abend zu lesen, heilsam fühlt es sich an.
AntwortenLöschenIch wünsche Ihnen alles, alles Gute!
Helga