Foto: Cambodian Wikipedia, Samnang |
Sie machten dann eine Pause, und Maha Ghosananda winkte mich,
die einzige Deutsche im Raum, herüber. Zögernd stand ich auf und ging auf ihn
zu. Er lächelte und bedeutete mir, mich zu setzen. „Deutschland ist ein
wichtiges Land“, sagte er. „Deutschland hat spirituelle Kraft.“ „Aber wir
lieben uns nicht“, sagte ich. Er nickte und sah in sich hinein. Er schwieg. Ich
schwieg. Wir saßen in unserem Kreis aus Stille, und ich dachte an mein Land,
dessen Menschen sich nicht lieben können, weil die Scham über ihre
Vergangenheit sie nicht loslässt.
Erst Monate später, als ich wieder in Deutschland war,
recherchierte ich und fand heraus, wem ich da einen Abend lang in kleinstem
Kreis gegenübergesessen hatte. Samdech Preah Maha Ghosananda, geboren in
Kambodscha, war einer der brillantesten Mönchs-Gelehrten seines Landes. Er
lebte im thailändischen Klosterexil, während die Roten Khmer seine gesamte
Familie ermordeten. Später kehrte er in sein Land zurück und führte 1992 den
ersten Friedensmarsch in Kambodscha an. Kurz nach seiner Rückkehr überreichte
er jedem, den er traf, mit einer Verbeugung einen Zettel mit den Sätzen des
Buddha: „Hass wird nicht durch Hass besiegt. Hass wird durch Liebe besiegt.
Dies ist ein ewiges Gesetz.“
Dieser große kleine Mann, den kennenzulernen ich die Ehre
hatte, starb 2007. Maha bedeutet
übrigens „großer freudvoller Verkünder“.
(Mehr über Maha
Ghosananda und meine Arbeit in Warschau in meinem Buch „Leuchtende
Stille“, Herder Verlag, ISBN 978-3-451-30732-4)
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