Mittwoch, 20. Dezember 2023

Gert Scobel über Meditation



Gert Scobel, dessen youtube-Kanal ich sehr schätze, ist bekanntermaßen Zen-Praktizierender. In der Sendung "Sternstunde Religion" des Schweizer Fernsehens spricht er mit der wie immer großartig vorbereiteten und so genau wie respektvoll fragenden Moderatorin Olivia Röllin über den "Hype um Meditation und Achtsamkeit". Der Titel ist natürlich ein Unding: Es gibt keinen Weg zur Erleuchtung. Der Urgrund mit seinem strahlenden Licht ist immer da, und wenn er sich uns plötzlich offenbart (das geschieht immer wieder, und oft begreifen wir das Geschehen in seiner Tiefe nicht), dann sind wir nicht an einem Ziel angelangt und haben keinen Weg zurückgelegt. Unser Geist hat auf eine andere Frequenz umgeschaltet. Einfach so, pling!

Dennoch werden hier wichtige Fragen gestellt. Was geschieht in einem Menschen, der vierzig Jahre lang meditiert? Was ist zum Beispiel MBSR, und was unterscheidet es von Zen? Darf man Meditation für wirtschaftliche Zwecke instrumentalisieren?

Ein sehr sehenswertes Gespräch auf hohem Niveau. Dennoch musste ich ein wenig lächeln. Und frage hier mal in die Runde: Wisst ihr jetzt, was Meditation ist und was sie bewirkt? Habt ihr verstanden, worum es wirklich geht? Was, zum Beispiel, ist Nicht-Zwei?

Ich lächelte, weil ich bei Scobel, wie auch bei Thomas Metzinger, spontan ausrufen wollte: Lass den analytischen Geist mal ruhen. Zeige mir stattdessen dein Verständnis, zeige mir, was Meditation in dir bewirkt hat!

(Mein Beitrag über Metzinger hier (klick).)

Ich gehöre zu denen, die Scobel kurz erwähnt, "die schon in frühen Jahren Erfahrungen der Transzendenz gemacht haben". Bei mir war es sehr früh, ich war fünf Jahre alt. Diese Erfahrungen haben mich durch eine schwierige Kindheit getragen, und natürlich kamen später weitere dazu. Was ich sagen will, ist: Man kann über solche Erfahrungen nicht adäquat sprechen. Aber weil sie als Urgrund immer mitlaufen in allem, was man tut und sagt, prägen sie das eigene Verhältnis zur Welt. Sie zeigen sich in winzigen Details, Gesten, Blicken. Sie äußern sich eher in dem, was die Person nicht sagt, und dem, was für sie schon vor langer Zeit unwichtig geworden ist. Sie finden sich in ihrem Schweigen mehr als in ihrem Sprechen. Und genau das ist es, was andere Menschen nicht einordnen oder benennen können, aber spüren.

Natürlich spüre ich das auch bei Scobel. Vielleicht ein kleiner Rat: Achtet nicht nur auf die Worte, die gewechselt werden, sondern mehr auf die Atmosphäre, die hier zwei kongenial miteinander kommunizierende Menschen umgibt. Dort findet ihr das Zen.

 

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