Montag, 11. Dezember 2023

Daniel Schreiber & Judith Hermann


Wie erzählt man von sich selbst und hütet gleichzeitig seine Geheimnisse? Was heißt es, eine Geschichte zu erzählen - und ist nicht alles, was wir anderen und uns selbst erzählen, ohnehin eine Geschichte, also eine in Sprache gefasste Auswahl aus Erfahrenem und Erträumten, Erlebtem, Befürchtetem und Erhofftem? Was ist die "Wahrheit" über uns selbst - und ist sie überhaupt wichtig? Zwei Autoren gehen dieser Frage auf höchst unterschiedliche Weise nach.

Februar in Venedig. Daniel Schreiber ist in die Stadt gekommen in der Hoffnung, hier eine neue Lebensphase zu beginnen. Seit dem Tod seines Vaters hat er sich in Arbeit geflüchtet und sich von seinen sozialen Kontakten zurückgezogen. Er weiß, dass sein Gefühl der Taubheit verdrängte Trauer ist; in Venedig will er lernen, endlich zu trauern. Aber er muss feststellen, dass es ihm schwerfällt, den lange verdrängten Schmerz zu fühlen. Wir begleiten Daniel Schreiber einen Tag lang durch die Stadt. Er besucht die Toteninsel San Michele, schaut sich seine Lieblingsbilder in der Accademia an und denkt nach über seine persönlichen wie unsere gesellschaftlichen Verluste. Und wie immer findet Daniel Schreiber für sein Thema - diesmal Verlust und Trauer - eine Fülle literarischer und wissenschaftlicher Zitate.

Meine Rezension in SWR 2 Lesenswert ist immer noch nicht gesendet, obwohl ich die Produktion vor der Veröffentlichung fertig machen musste. 😏 Aber Weihnachten naht, man braucht Geschenke, also hier ohne offizielle Rezension. 

(Werbung) Wenn Ihr online bestellen wollt, empfehle ich Euch den gemeinwohlbilanzierten sozialen Buchversand Buch7, der soziale, kulturelle und ökologische Projekte unterstützt. Ihr werdet schnell und versandkostenfrei beliefert, und ich erhalte eine (sehr kleine) Provision dafür. Daniel Schreiber bei Buch7 bestellen hier (klick)

Judith Hermannn hält die bekannte Poetikdozentur in Frankfurt - und erzählt von sich selbst. Sie trifft ihren ehemaligen Analytiker eines Nachts in einer Kneipe in Kreuzberg, erinnert sich an ihre zehnjährige Analyse und ihre katastrophale Familiensituation mit dem depressiven Vater und einer Mutter, die sich entzieht. "Rätsel, in die du hineinwächst. Andeutungen wie Treidelpfade, Heimlichkeiten." Aber das Private ist nur scheinbar intim. Wir lesen hier keineswegs, "wie es war", sondern wie es sich erzählen lässt von einer, die sagt: "Ich schreibe am eigenen Leben entlang, ein anderes Schreiben kenne ich nicht." Ich finde das Buch faszinierend; die eigene Lebensgeschichte wird hier Spielmaterial, öffnet sich ins Weite und jede scheinbare Antwort mündet in neue Fragen, die neues Schreib- und Lebensmaterial sind. "Schreiben heißt Zeigen und es heißt Verbergen." Und, frage ich, gilt dasselbe nicht auch für die Geschichten, die wir uns über uns selbst erzählen? Was wissen wir wirklich - was wollen wir wissen? Ein wunderbares Buch, große Empfehlung.

 Judith Hermann bei Buch7 bestellen hier (klick)

 

0 Kommentare

Kommentar veröffentlichen

Mit dem Absenden Ihres Kommentars bestätigen Sie, dass Sie meine Datenschutzerklärung (aufrufbar am Ende dieser Seite) sowie die Datenschutzerklärung von Google unter https://policies.google.com/privacy?hl=de gelesen und akzeptiert haben. Sie können Nachfolgekommentare gem. Art. 6 Abs. 1 lit. a DSGVO durch Setzen des Häkchens rechts unter dem Kommentarfeld abonnieren. Google informiert Sie dann mit dem Hinweis auf Ihre Widerrufsmöglichkeiten durch eine Mail an die Adresse, die Sie angegeben haben. Wenn Sie das Häkchen entfernen, wird das Abonnement gelöscht und Ihnen eine entsprechende Nachricht übersandt. Sie können Ihren eigenen Kommentar jederzeit selber wieder löschen oder durch mich entfernen lassen.