Orte können plaudern, wir brauchen ihnen nur zuzuhören. Ganze Geschichten über uns selbst erzählen die manchmal. Ich war auf einem Bauernhof, auf dem etwas stattfand, das sich Kunstausstellung nannte. In Ställen und Gärten hingen allerlei Sachen herum; ich stand etwas ratlos dazwischen und konnte in die freudigen Ausrufe der Besucher nicht so recht einstimmen. Ich steckte meinen Kopf in jedes Tor auf der Suche nach der Kunst, und wow!, im nicht mehr benutzten alten Weinkeller fand ich sie.
Vor vierzig Jahren eingeweckte Pflaumen, Mirabellen, Kirschen und zur Unkenntlichkeit Vergorenes.
Solch einen Keller haben wir alle in unserem Geist. Dort lagern, gut verschlossen und konserviert, unsere Gefühle aus der Kindheit. Die Angst vor dem dunklen Dachboden, die Scham über das schäbige Kleid, das wir gezwungen waren zu tragen, die Sehnsucht nach einer ganz anderen Familie, in der gefeiert und gelacht werden durfte.
Sorgfältig aufbewahrt, fest verschlossen. Aber wer will vierzig Jahre alte Pflaumen essen? Wer will die Scham, die Angst, die Sehnsucht immer aufs Neue erleben, wenn der Schrank voller schöner Sachen hängt, der Dachboden hell beleuchtet ist und eine neue, eigene Familie, ein selbst gestalteter Freundeskreis uns umgibt?
Lüpfen wir doch die Deckel über unseren alten Gefühlen und entlassen sie aus ihrem Gefängnis. In unserer Herzensweite lösen sie sich auf und setzen ihre Energie frei. Eine Energie, die nicht mehr in uralten Geschichten gefangen ist und uns deshalb rein und klar zur Verfügung steht.
Frisches Obst ist übrigens viel gesünder.
Oh, so eine wunderbare Analogie...Metapher??...ach, ich weiß es einfach nicht, aber fühlen kann ich es :) Danke, Margrit
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