"Nichts wird geschaffen oder zerstört, es verändert sich nur." Tyson Yunkaporta
Der australische indigene Wissenschaftler Tyson Yunkaporta, dessen Buch "Sand Talk" ich für den SWR besprochen habe, spricht aus seiner Aborigine-Tradition über die Verbundenheit und Durchdrungenheit alles Seienden. Auch Zeit und Ort sind untrennbar verbunden; in seiner Sprache gibt es nur ein Wort für beides. "Verwandtschaft bewegt sich in Zyklen, das Land bewegt sich in saisonalen Zyklen, der Himmel bewegt sich in Sternenzyklen, und die Zeit ist in diese Dinge so sehr eingebunden, dass sie sich begrifflich nicht vom Raum unterscheidet."
Fasziniert hat mich die Aussage, dass in seinem Volk alle drei Generationen die Verwandtschafts-Beziehungen neu geordnet werden: seine Urgroßeltern werden dann zu seinen Kindern ernannt. Unser lineares Denken ist unfähig, diese Auffassung von Zeit und Raum zu begreifen: "Nichts wird geschaffen oder zerstört, es verändert sich nur." Aber im Buddhismus findet sich exakt dieselbe Aussage: "Wenn die Bedingungen entsprechend sind, erscheint etwas aus dem Sein. Wenn sie nicht mehr entsprechend sind, geht etwas zurück ins Sein." Und Eckhart Tolle sagt: "Tod ist nicht das Gegenteil von Leben, sondern das Gegenteil von Geburt."
Da wir glauben, nichts weiter als diese bestimmte Person mit einem Körper, einer Adresse und einer Lebensgeschichte zu sein, macht uns die Aussage der unablässigen Veränderung Angst. Aber das Sein, der Urgrund, stirbt nie. Und wir sind dieser Urgrund, der im Lauf der Jahrtausende viele Namen bekommen hat. Thich Nhat Hanh nannte es immer "unser wahres Wesen".
Wenn die Bedingungen für seine Existenz als Form nicht mehr vorhanden sind, zieht sich das Etwas zurück ins Sein und wird formlos. Auch unser Körper mit seiner Lebensgeschichte wird zurückkehren ins Formlose, in den Urgrund, der nie sterben kann. Ist das wirklich ein Grund, so viel Angst vor dem Tod zu haben?
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