Sie kam zu mir in einem Salatkopf. Eingehüllt in Schichten von Blättern, lag sie zusammengerollt ganz unten am Strunk. Eine schöne Art zu reisen, dachte ich, vor allem in dieser Jahreszeit. Welche Geborgenheit. Welche Dunkelheit und Stille in der Tiefe des Salatkopfes, die leichte Feuchtigkeit, die nicht Nässe ist, sondern nährendes Element. Keine meiner Reisen fand bisher auch nur annähernd in etwas statt, das ich mein Element hätte nennen können.
Mein Messer hatte sie knapp verfehlt, auch sie atmete sichtbar auf. Das sah hübsch aus. Sie fuhr zwei Antennchen mit Knöpfchen an den Enden aus, um mal zu sondieren, in welcher Umgebung sie da gelandet war. Alles sehr hell auf einmal, trockene Atmosphäre, viel Holz und Metalliges, also ihr Element war das nicht. Das schien sie nicht zu stören, sie wurde neugierig. Entfaltete sich zu ganzer Kürze und schob sich sanft und beharrlich über die Landschaft aus Küchengerät, erklomm Löffel und Dosen und balancierte auf der Messerklinge. Was so ziellos aussah, war tatsächlich entschlossene Absicht. Das begriff ich erst, als sie sich auf dem Champignon niederließ.
Reisen macht hungrig, ich kenne das. Kaum setzt sich der Zug in Bewegung, packe ich meinen Proviant aus, obwohl ich gerade gefrühstückt habe. Sie knusperte und raspelte an meinem Mittagessen mit einer Schnelligkeit, die ich ihr nicht zugetraut hätte. Ich hatte sie nicht direkt eingeladen, mein Mahl mit mir zu teilen, aber ich freute mich über die Gelegenheit, Gastfreundschaft zu zeigen.
Nachdem sie gegessen hatte, wickelte ich sie in ein Salatblatt und brachte sie in Nachbars Garten. Wir sollten das, was uns Freude macht, nicht für uns behalten, sondern mit anderen teilen.
Herzlichen Dank für diesen liebevollen Tatsachenbericht...liebe Grüße Gitti
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