Mitte der 1990er Jahre sah ich einen Film mit dem Titel "The Heart of the World". Der britische Dokumentarfilmer Alan Ereira hatte ihn im Auftrag der BBC über die Kogi-Indianer in der kolumbianischen Sierra Nevada gedreht. Die Kogi hatten sich vor den spanischen Eroberern in die Höhenzüge der Sierra zurückgezogen und bewahren dort seit Jahrhunderten, abgeschottet von den Veränderungen in unserer Gesellschaft, ihre archaisch anmutende Lebensweise.
Ich sah Menschen, die ihr Garn spinnen, ihre Stoffe weben und diese Stoffe zu schlichten Hosen und Tuniken verarbeiten. Und ich sah, wie sie jeden Morgen ihr Land begehen, langsam und mit dem Ausdruck höchster Konzentration. Sie schauen nicht umher, sie plaudern nicht, sie sammeln nichts auf, sie wollen sich dabei nicht erholen. Sie sind vielmehr seit Jahrhunderten auf uralten heiligen Wegen unterwegs, aber sie haben kein Ziel, das sie erreichen wollen. Es geht ihnen um etwas viel Wichtigeres. Für die Kogi hat jede Pflanze und jedes Tier ihre und seine Mutter: in aluna, der Welt des Geistes, dem Bereich von Lebenskraft und Intelligenz, in dem sich die Zukunft vorbereitet.
Ein Mythos erzählt von dem Auftrag, der den Kogi am Beginn der Zeit gegeben wurde: "Ihr seid geschaffen, die Erde zu hüten und sie in Balance zu halten, geschaffen, für die Welt und das ganze All zu sorgen. Sammelt euren Geist und richtet ihn auf die Sorge für das Ganze." Die Kogi sammeln ihren Geist und begehen ihr Land, um die Erde im Gleichgewicht zu halten.
So könnten wir gehen, wenn auch nur einmal an jedem Tag. Schritt für Schritt. In dem Bewustsein, dass wir der Erde etwas zurückgeben können und müssen, um sie und das Ganze in Balance zu halten. Sodass die Mütter aller Pflanzen und Tiere genährt werden und starke und heilkräftige Kinder zur Welt bringen.