Dann befasse ich mich also mal. Und ergänze, dass es inzwischen auch Parents for Future, Teachers for Future, Artists for Future, Writers for Future und vermutlich weitere gibt. Über die ich informiert bin, weil ich täglich die Online-Ausgaben von Süddeutsche Zeitung, Die Zeit und Guardian lese (bester Journalismus, große Empfehlung). Deshalb bewegen mich noch ganz andere Themen, und alle empfinde ich als persönliche Fragen an mich und meinen Lebensstil.
Als Näherin und Strickerin bin ich mir zum Beispiel der Qual der Angorakaninchen beim Scheren und der Schmerzen der Kaschmirziegen bewusst, wenn ihnen brutal die Haare ausgerissen werden, um die Welt mit billigen Kaschmirpullovern zu versorgen. Um 1 kg Baumwolle zu ernten, werden weltweit 11.000 l Wasser benötigt. Um Seide zu gewinnen, werden die Kokons mit den lebenden Raupen in kochendes Wasser geworfen. Für Viskose wird in Indonesien der Regenwald abgeholzt, und das neuerdings gepriesene Modal, aus Buchenholz gewonnen, könnte zu einem massiven Raubbau an unseren Buchenwäldern beitragen. Es gibt Antworten darauf, und je nach Situation wähle ich eine davon. Einen Biostoff kaufen, Altes umarbeiten, Secondhand kaufen, gar nichts mehr kaufen.
Ich ernähre mich biologisch, weil ich die Bienen, Wespen und Käfer und meine Gesundheit erhalten will. Aber ich muss mich fragen, ob ich die Umwelt mit einer Autofahrt schädigen soll, um im 9 km entfernten Bioladen Kartoffeln, Karotten und einen Salat zu kaufen, oder zum Supermarkt um die Ecke gehe, wo das Biogemüse nur in Plastik eingeschweißt verkauft wird. Ein Lebensstil, der kein Leiden erschaffen und Schaden verhindern will, ist voller Fragen, die täglich neu beantwortet werden wollen. Soll ich mein Buch bei meinem Buchhändler in der Stadt kaufen (mit der Bahn kostet das 4,30 EUR und einen ganzen Nachmittag, mit dem Auto verschmutze ich die Luft) oder es lieber online bestellen und den Arbeitstag des schlecht bezahlten Hermes-Boten mit meinem Paketchen verlängern? Was wiegt mehr: die Umweltbelastung durch den Langstreckenflug oder die Erweiterung meines geistigen Horizonts durch die Erfahrung einer anderen Kultur?
Für eine bewusste Lebenshaltung gibt es keine einfachen Antworten. Es gibt kein Handbuch, in dem man nachschlagen könnte, keine Regeln und keine Gebote. Es gibt nur uns selbst mit unserer genauen Wahrnehmung dessen, was die Situation in diesem Moment erfordert, und unserem Mut, Verantwortung für unsere Entscheidungen zu übernehmen.
Ich weiß aber auch, dass bei uns Depressionen, Zukunftsangst und Resignation zunehmen. Und dass Menschen, die ihre Freude am Leben verloren haben, ihrer Umwelt genauso viel Schaden zufügen wie die Firma Monsanto. Deshalb möchte ich hier ein kleines Gegengewicht bieten zu all den Problemen, von denen die Medien ohnehin ständig reden. Auch das ist eine Haltung "zum Wohle aller Wesen", wie es der Buddhismus so schön ausdrückt. Und auch dies ist buddhistisch: Das Heilsame ist im Unheilsamen bereits enthalten.
Deshalb rufe ich auf zu einem Wochenende der Freude über all das, was noch nicht ausgestorben ist, noch da ist, lebt, atmet, duftet, summt und brummt. Die Meisen, Rotkehlchen, Amseln und Spatzen, die Katzen, Hunde, Pferde, Wespen, Glühwürmchen, Fliegen, Bienen (auf dem Balkon die "Bienenmischung" pflanzen!), die Erdbeeren, Himbeeren, Brombeeren, Pilze, die Mohnblumen, Akeleien, wilden Orchideen, Narzissen, Tulpen, Maiglöckchen, Rosen, Hortensien ...
Die Liste darf unendlich ergänzt werden.
Danke für diese Worte und Bilder
AntwortenLöschenSehr schön! Ich mache mit :-)...es ist eine Frage, die häufig aufkommt:wie man im Buddhismus durch lächeln und sitzen die Welt verbessere. In vielen Dingen unbemerkter...vielleicht...aber Freude beispielsweise ist ein höchst ansteckendes und inspirierendes Phänomen...Liebe Grüße, Taija
AntwortenLöschenDanke, das hat mir gerade den sehr späten Samstagabend erhellt....!
AntwortenLöschenUnd ich werde nach wie vor nicht müde, hier zu lesen und freue mich über jeden neuen Beitrag!
Liebe Grüße!
Ich lese es erst jetzt .. hatte aber bei einem zweitägigen Nähworkshop so viel Freude am kreativen Schaffen, am Beisammensein mit den Freundinnen, am Lachen, Albern, erst Sein auch...
AntwortenLöschenIch finde, so wie du, dass alles sehr kompliziert ist und man nicht auf einen eindreschen kann, weil er etwas bestimmtes so tut wie er es tut. Wie du sagst, man kann es irgendwie ja oft gar nicht mehr richtig machen. Das ist schwierig und bringt mich auch oft zum Grübeln.
Ich habe auf meinem Blog auch eher das Schöne, Aufbauende, Gute... es soll deshalb nicht bedeuten, dass ich das andere nicht sehe!
liebe Grüße von Ellen - die deine Seite sehr liebt