Donnerstag, 29. August 2013

Tim Parks erlernt die Kunst, stillzusitzen

Tim Parks, erfolgreicher Autor und Hochschullehrer, leidet unter unerklärlichen Schmerzen im Unterbauch. Prostatabeschwerden, sagt ein Urologe und empfiehlt die sofortige Operation. Parks ist bereit, seinen ungehorsamen Körper den Experten zu überlassen in der Hoffnung, diese würden ihn rasch wieder in funktionsfähigen Zustand versetzen. Weitere Untersuchungen ergeben allerdings, dass Parks völlig gesund ist. Auf einer Indienreise sucht er einen ayurvedischen Arzt auf, der ihm empfiehlt, erst einmal das „Gerangel“ in seinem Kopf zu lösen. Parks ist durch und durch Skeptiker und hat für alles, was nach Esoterik riecht, nur Verachtung übrig. Dennoch sitzt er ein paar Monate später mit schmerzhaft verknoteten Beinen auf einem Meditationskissen, um mit Hilfe der Vipassana-Methode seinen Körper kennenzulernen und seinen Geist zu beruhigen.

Tim Parks landete – wie der italienische Journalist Terzano Terzani vor ihm - bei dem Vipassana-Lehrer John Coleman, einem ehemaligen CIA-Agenten, der so pragmatisch und skurril war, dass sich Männer wie Terzani und Parks auf die von ihm angebotene Methode einzulassen wagten. Sie funktionierte bei beiden. Während Tim Parks noch zäh an seinen Widerständen gegen den Meditations-Humbug festhält, beruhigt sich sein Bauch, und das Gerangel in seinem Kopf weicht einer nie gekannten Stille.

Allmählich zerbröselt der Widerstand von Tim Parks; sein Selbstbild wird im Verlauf der Schulung völlig auseinandergenommen. Er erkennt seine Eitelkeiten, die Egozentrik, die Gier nach Ruhm, aber auch seine nie wahrgenommene Herzensweite, die er früher vermutlich als Schwäche bezeichnet hätte. Das ist mit großer Ehrlichkeit und herrlichem Humor beschrieben. Ich empfehle das Buch gerne allen, die immer noch meinen, Meditation sei Gehirnwäsche und der Lehrer ein Guru, der einem das kritische Denken verbietet. (Nun ja, wir haben alle unsere Lieblings-Ausreden, wenn uns was Neues über den Weg läuft, von dem wir ahnen, dass es unser Leben umkrempeln würde, falls wir uns darauf einlassen ...)
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