Mittwoch, 7. August 2013
"Mit dem Bösen leben" von Stephen Batchelor
Was ist das "Böse"? Ist es Teil unserer "Erbsünde"? Oder einfach nur das "unerlöste Gute", wie manche Esoteriker behaupten? Sehr populär ist auch die Anschauung vom "Widersacher", der uns in Versuchung führt, um uns in seine Gewalt zu bringen.
Nicht nur das Christentum hat das Böse in Gestalt des Satan vom Guten in Gestalt von Christus abgespalten, dasselbe Gegensatzpaar finden wir mit Mara und Buddha im Buddhismus. Wie also nähern wir uns dem Bösen? Der englische Dharma-Lehrer Stephen Batchelor ist bekannt für seine unorthodoxe Anschauung des Buddhismus (was ihm bei den knochenharten Traditionalisten viel Ärger einbringt). Ich möchte hier nur einen Kerngedanken aus diesem ausgezeichneten Buch vorstellen: "Jedes Mal, wenn etwas Bedingtes und Vergängliches in den Status von etwas Notwendigem und Bleibendem erhoben wird, wird ein Teufel geschaffen."
Mich erinnert das an den Vorwand der "Alternativlosigkeit", mit dem uns von Politikern in letzter Zeit unzumutbare Entscheidungen präsentiert werden. Damit wird uns suggeriert, es gäbe nur eine mögliche Anschauung der Situation (nämlich die der Entscheidungsträger); die Situation selbst erscheint in diesem Denken unveränderlich und wird deshalb nicht diskutiert. Der Buddha hingegen lehrte, dass alles bedingt ist, nämlich abhängig von der Existenz von etwas anderem. Batchelor nun sagt, Mara oder das Böse entstehe immer dort, wo diese fließende, sich ständig verändernde Qualität des Lebens ignoriert und zu einem Konzept, einem Gesetz, einer Religion oder einer ewigen Wahrheit verengt wird. Mara vergiftet somit den orthodoxen Buddhismus ebenso wie der Teufel eine in Dogmen erstarrte Kirche.
In uns selbst äußert sich Mara, sobald wir an ein vom Ganzen abgetrenntes Ich zu glauben beginnen mit all den Folgen, die wir so gut kennen: unseren Ängsten, Zwängen und Konditionierungen und unserer Mitleidlosigkeit mit uns selbst und anderen. Letztendlich - und darauf kommt es Batchelor an - ist es Mara, der mit seiner Verführung zum Festhalten am Sicheren und Gewohnten unser Erwachen unmöglich macht.
Stephen Batchelor "Mit dem Bösen leben", aus dem Englischen von Renate Seifarth, ISBN 978-3-942085-19-9. Das Buch ist erschienen in der edition steinrich
(Um es noch einmal zu sagen: Ich bekomme von niemandem eine Provision für meine ganz persönlichen freiwilligen Buch-Empfehlungen.)
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