Mittwoch, 24. September 2014
"Wunderbare Unvollkommenheit" in 4. Auflage
Früher hieß es "Zen-Buch der Lebenskunst", seit der 3. Auflage heißt es "Wunderbare Unvollkommenheit".
Kleine Leseprobe: "Als Buddha Shakyamuni starb, baten seine Mönche ihn um ein letztes Wort, um einen Hinweis, wo sie nach seinem Tod die Lehre finden könnten. Buddha Shakyamuni soll geantwortet haben: 'Seid euch selbst eine Lampe.' Eine authentische Zen-Praxis ist unser Weg zur Befreiung. Wir suchen nicht mehr in Schriften und Lehren unser Heil, wir wenden uns an keine äußeren Autoritäten mehr. Wir begreifen mit allen Fasern unseres Seins, dass wir alles Wissen haben, das wir brauchen - wir müssen es nur berühren und es uns zunutze machen. Wir sind uns selbst eine Lampe.
Ein Künstler des Lebens also zündet sein Lämpchen an, schultert sein (inzwischen sehr leichtes) Bündel und wandert durch seine Tage, unbekümmert um das Wetter oder die Meinung anderer Menschen über ihn."
Jetzt ist die 4. Auflage erschienen, in einer kleinen Reihe in guter Gesellschaft:
Vielleicht eine Geschenk-Idee? Bald ist Weihnachten, es liegen ja schon Lebkuchen in den Läden ...
Margrit Irgang "Wunderbare Unvollkommenheit. Das Zen-Buch der Lebenskunst", Herder Verlag, ISBN 978-3-451-06740-2
Montag, 22. September 2014
Mittwoch, 17. September 2014
SWR 2: Gedanken gehen lassen
Meditation muss nichts mit Religion zu tun haben. Viele Menschen sehen sie einfach als Praxis, die ihnen hilft, ein bewussteres, gelasseneres Leben zu führen. Aber welche Intention auch immer jemand hat, mit der Meditation zu beginnen: Wer sich zum ersten Mal auf ein Kissen oder einen Stuhl setzt und hört, er solle "die Gedanken loslassen", wird ein wenig fassungslos sein über das Geschwätz in seinem Kopf, das er vielleicht bisher gar nicht wahrgenommen hatte. Ihm wird gesagt, er solle sich als Berg betrachten und die Gedanken als Wolken, die am Berg vorüberziehen. Er oder sie fühlt sich aber so gar nicht als Berg, eher wie eine im Wind wirbelnde Tüte voll Luft, und die Gedanken wollen keineswegs vorüberziehen, im Gegenteil: Sie lassen ihn nicht los und schleifen ihn an einer Leine hinter sich her. Der Meditationsschüler durchlebt ein Drama, in dem es um Wünsche, Hoffnungen, Wut, Neid und jede Menge Gelüste geht, obwohl er sich keinen Zentimeter von seinem Kissen weg bewegt hat.
Über das, was einem Anfänger in der Meditation (wir alle bleiben immer Anfänger!) geschehen kann, und warum es sich dennoch lohnt, dabei zu bleiben, habe ich ein Feature für SWR 2 gemacht: "Gedanken gehen lassen. Meditation jenseits von Religion". Neben anderen interessanten Gesprächspartnern habe ich Ulrich Ott gewonnen, der das Buch "Meditation für Skeptiker" (O. W. Barth Verlag) geschrieben hat.
Hier ist der Link zum Hören der Sendung.
Donnerstag, 11. September 2014
Die beiden Wölfe
Gunnar Ries Wikipedia |
Draußen heulte der Sturm ums Zelt; drinnen saß der alte Cherokee-Indianer und erzählte seinem Enkel eine Geschichte.
"In mir wohnen zwei Wölfe", sagte er, "und die beiden Wölfe sind in einen schrecklichen Kampf verstrickt. Der eine Wolf ist dunkel - er ist Wut, Hass, Neid, Gier, Arroganz, Ablehnung, Minderwertigkeitsgefühl, Schuldgefühl, Lüge, Überheblichkeit und Ichsucht. Der andere Wolf ist hell - er ist Mitgefühl, Großzügigkeit, Liebe, Gelassenheit, Demut, Freude und Wahrhaftigkeit."
"Wow!" sagte der Junge beeindruckt. "Das ist ja schrecklich, Großvater."
"Nun ja", sagte der Indianer, "die beiden Wölfe kämpfen in jedem Menschen, auch in dir."
Dem Jungen wurde etwas unbehaglich. "Tatsächlich?" fragte er leise. "Und welcher Wolf gewinnt?"
Der Cherokee sagte gelassen: "Der, den du fütterst."
Samstag, 6. September 2014
Die Sommersammlerin
Beim Aufbruch noch der Morgendunst über den Weinbergen. Die Bauern sind schon auf den Feldern, einer schwenkt den Hut, als ich vorbeikomme. Ein Hund begleitet mich ein Stück Wegs, dann bin ich allein. Wind in meinem Haar, Sonne auf der Haut, ein Stein im Schuh. Stille und der Geruch nach frisch geschnittenem Gras.
Wie ein Eichhörnchen seine Nüsse sammle ich Sommer für den Winter. Ich werde auch in diesem Winter wieder viel mehr Sommer brauchen, als ich sammeln konnte. Weil ich eine nachlässige Sommersammlerin bin; mal war es mir zu heiß, und ich habe den Sommer mit Rolladen ausgesperrt, mal hatte ich zuviel zu tun, um mich ums Sommersammeln zu kümmern. Erst jetzt, wo es schon fast zu spät ist, fange ich mit der Sommervorratshaltung an. Als Eichhörnchen wäre ich schon vor Jahren verhungert.
Aber morgen, morgen gehe ich wieder los.
Sonntag, 24. August 2014
Wohin fließt er, der Strom?
"Ein Gespür für das Unvermeidliche, für die Richtung, die das Leben nehmen möchte, bekommen wir, sobald wir innerlich nicht mehr so geteilt oder zerrissen sind. Dann fragen wir nicht mehr: 'Ist dies der richtige Weg? Woran erkenne ich, ob es der richtige oder der falsche ist?' Solche Fragen verstellen uns nur den Blick. Es geht um etwas viel Einfacheres, es gilt zu sehen, wohin das Leben selbst möchte.
All das erschließt sich uns, wenn wir unser persönliches Wollen abgeben, wenn wir uns der Angst im Bauch stellen und das Gefürchtete aufrichtig bejahen. Wir sagen ja zum Leben, ja zum Tod, ja zur Auflösung unseres Egos - unser Kämpfen und Ringen hat ein Ende. Unser Weg durchs Leben ändert sich grundsätzlich. Der Strom selbst bestimmt unseren Kurs - nicht mehr unsere Gedanken und Vorstellungen, nicht mehr die Frage, was wir sollen oder nicht sollen, was richtig oder falsch ist. Der Strom bleibt immer überraschend. Er ist der Lauf des Einen, er leitet uns zu dem, was heilt, er führt Dinge zusammen, die wir nie für möglich gehalten hätten."
Adyashanti
Sonntag, 10. August 2014
Meisterin, bist du wach?
Jeden Morgen pflegte Zenmeister Zuigan Shigen sich selbst zuzurufen: "Oh Meister!" Zuigan antwortete: "Ja?" Zuigan fragte: "Bist du wach, Meister?" Zuigan antwortete: "Ja, ich bin wach." Zuigan mahnte: "Meister, lass dich zu keiner Zeit, an keinem Ort von irgend jemandem irreführen!" Zuigan antwortete: "Nein, Meister!"
Mumonkan 12
(Praxisempfehlung: 1-2 x täglich. Und wenn wir dennoch den Meister, die Meisterin immer noch außerhalb von uns suchen, erinnern wir uns vielleicht ab und zu daran, dass der Blick in die Augen einer Meisterin, eines Meisters nur ein Blick in den Spiegel ist, in dem wir unsere noch nicht realisierten Möglichkeiten sehen.)
Sonntag, 27. Juli 2014
SWR 2: Hochsensibel. Highly sensitive.
Sie sind anders als andere und haben den Eindruck, nicht in diese Welt der Tüchtigen, Zupackenden und Erfolgreichen zu passen. Laute Geräusche und grelles Licht sind ihnen unerträglich, in größeren Menschenansammlungen verlieren sie ihre Kraft. Was anderen Menschen Freude bereitet, ist für sie eine Qual: Einkaufszentren, Silvesterfeiern, Betriebsausflüge, Freizeitparks, Bierzelte (die Liste darf beliebig ergänzt werden).
Denn Hochsensibilität bedeutet: Mehr von allem. Hochsensible sehen, hören, schmecken, riechen, empfinden, fühlen und denken mehr, schneller und intensiver. Wahrgenommenes Leid geht ihnen buchstäblich "unter die Haut", sie können sich bis zum Selbstverlust in andere einfühlen, und ihre hoch entwickelten Antennen fangen jede Disharmonie in ihrer Umgebung auf, unter der sie dann oft so leiden, dass sie sich zurückziehen müssen. Auf andere wirken Hochsensible deshalb häufig neurotisch oder arrogant. Ihre Einfühlungsgabe, ihre genaue Wahrnehmung und ihr differenziertes Denken macht sie zu Künstlern, Therapeuten, Lehrern oder Beratern, und dank ihrer feinen Antennen haben sie eine natürliche Begabung für Spiritualität. Aber als unabhängige Geister fühlen sie sich selten in etablierten Religionen mit ihren Machtstrukturen und Dogmen wohl.
Was also ist Hochsensibilität? Die amerikanische Psychologin Elaine Aron erforscht seit den 1980er Jahren sensory-processing sensitivity, also Sensitivität, die von einem Nervensystem verursacht wird, das unablässig Informationen mit all ihren subtilen Details aufnimmt und weiterleitet: Eine angeborene Veranlagung, Informationen gründlicher zu verarbeiten, die ca. 15 - 20 % aller Menschen haben, ohne darum zu wissen.
Im Jahr 2009 war es noch gar nicht so einfach, dem SWR das Thema schmackhaft zu machen. Man war der Ansicht, "Überempfindlichkeit" sei eine Reaktion auf traumatische Kindheitserfahrungen und müsse natürlich therapiert werden. Die Menschen, mit denen ich für meine Sendung "Reizüberflutet. Hochsensible und ihr Alltag" gesprochen habe, lassen sich von solchen Urteilen nicht mehr beeindrucken: Sie haben ungewöhnliche Lebensläufe, stehen zu ihrem Anderssein und wissen, wie sie sich den nötigen Freiraum und die Ruhe erschaffen können, die sie brauchen. Auch Elaine Aron, die ich sehr schätze, kommt zu Wort. Hier kann man die Sendung hören.
Montag, 21. Juli 2014
Haiku an einem Regentag
.雨三粒天から土用見舞かな
ame san tsubu ten kara doyô mimai kana
ame san tsubu ten kara doyô mimai kana
three raindrops
a greeting card from heaven ...
midsummer heat
drei Tropfen Regen
eine Himmelsgrußkarte ...
Hochsommerhitze
Issa
Samstag, 5. Juli 2014
Interview in "Buddhismus aktuell"
Ursula Richard, die Chefredakteurin von "Buddhismus aktuell" (die Zeitschrift der Deutschen Buddhistischen Union) hat mein Buch "Leuchtende Stille" gelesen und ein Interview mit mir gemacht: Wie ich Zen im Alltag lebe, ob Zen für mich eine Religion ist und warum ich als Schriftstellerin Zen praktiziere. Zwei kleine Ausschnitte:
U. R.: Hat Zen für Sie eine buddhistisch-religiöse Dimension?
M. I.: Zen ist viel mehr als Religion: Es ermöglicht mir die Erfahrung des geistigen "Raumes", aus dem heraus letztendlich alle Religionen entstanden sind. Das Interesse von Buddha war es ja nicht, eine Religion zu gründen; er wollte den Menschen aus der Tiefe seines Mitgefühls den Weg zum Beenden des Leidens zeigen. Natürlich gibt es auch in Zen-Schulen diverse Rituale, aber die Praxisanweisung im Zen ist sehr einfach: Setz dich vor die Wand, beruhige deinen Geist und schau, was dann passiert. In dieser Klarheit und Abwesenheit von allem Überflüssigen atme ich auf und fühle mich frei.
U. R.: Wie drückt sich Zen in Ihrer Arbeit am Wort, also als Schriftstellerin aus?
M. I.: Als Schriftstellerin bin ich vor allem dankbar dafür, dass niemand mir vorformulierte Erkenntnisse, Glaubenssätze oder Göttergestalten präsentiert. Die weiße Wand, vor der ich sitze, ist wie das weiße Blatt Papier: Ich darf für meine Erfahrung meine eigene Sprache finden. Und weil das Wesen einer solchen Erfahrung sich allen Begriffen entzieht, gibt es nur eine Sprache, die dem Zen gemäß ist, und das ist die poetische. Poesie lässt das Nicht-Sagbare aufscheinen, im Raum zwischen den Worten.
"Buddhismus aktuell" 3/2014, ISBN 4-196667-208005, 8,- €.
Das Heft enthält viele gute, auch kontroverse Beiträge zum Thema Buddhismus und Religion.
Seit Kurzem steht das komplette Interview auf meiner Website www.margrit-irgang.de Bitte im Menu auf "Werk" klicken und dort bis zu "Zeitschriften" herunterscrollen.
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