Foto: Dr. Peter Zürn |
Ich begegnete ihm Anfang der 1980er Jahre im Kloster St. Franziskus. Er war damals schon hochbetagt, und tatsächlich war es eines der letzten sesshin, die er in Deutschland geben sollte. In meinem Buch „Wunderbare Unvollkommenheit“ habe ich einen denkwürdigen Moment geschildert: „Ich traf ihn eines Nachts im Flur. Es war nach der letzten Sitzperiode, die anderen waren schon schlafen gegangen. Roshi betrachtete eine Topfpflanze, die auf dem Fensterbrett stand. Behutsam hielt er eine unscheinbare kleine Blüte in der offenen Hand und neigte sich darüber, als wäre es eine Kostbarkeit. Als er mich sah, lächelte er und deutete auf die Blüte. Ein kalter Klosterflur im Neonlicht, der Geruch nach Kohl, draußen der Winterwind, ein kleiner alter Mann in einem schwarzen Kimono und eine winzige rosa Blüte. Und ich sah, dass dieser Augenblick das Leben war. Vollkommen, nicht zu verbessern. Ein Wunder.“
Der Pater hatte das Missverständnis natürlich bemerkt und sprach mich hinterher an. Ich war damals noch so dumm, ein klein wenig enttäuscht zu sein, weil ich nicht bekommen hatte, was ich hatte haben wollen. Leider sagte ich das auch. Das hätte ich nicht tun sollen, denn der Pater erzählte es Roshi, und dieser – er hatte seine Koffer längst gepackt, das Auto zum Flughafen wartete – bestellte mich auf der Stelle in sein Zimmer, entschuldigte sich geradezu bestürzt für das Missverständnis und wickelte die Pinsel wieder aus der Bambusstäbchenmatte. Er fand aber das Reispapier nicht, und weil die Zeit drängte, nahm er ein Blatt kariertes Papier, das herumlag, und schrieb mir mein „Licht“.
Ein wundervoller Beitrag! Wenn ich zurückdenke... 40 Jahre zurück: Tetsuo Kiichi Nagaya als Lehrer gehabt - wunderbar! Ich bin ihm zeitlebens innig verbunden. Gassho. - Matthias S. Hartmann ECP
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