Freitag, 28. März 2025

Das Café Moment

 

Ein Buch ist ja eine luftige Angelegenheit. Die Buchstaben sind nur Chiffren für den Gehalt, und der lebt im Kopf der Leserin, des Lesers. Mit dieser meiner luftigen Existenz - Hilde Domin sagte, wir Schriftsteller würden unter Akrobaten und Vögeln leben - hadere ich gelegentlich. Und dann stehe ich in Basel vor einem Café, das meinem Buchtitel "Die Kostbarkeit des Augenblicks" buchstäblich (!) Raum gibt. Ein lichter, ästhetisch-schlichter Raum der Stille inmitten der großen Stadt, denn in diesem Café gibt es keine Musik, kein Handyklingeln und kein Geplauder: Hier wird flüsternd bestellt und danach geschwiegen.



Es gibt eine große Tee-Auswahl, guten Kaffee und Kleinigkeiten zu essen. Im Hinterzimmer eine Bibliothek. Man darf in diesem Café lesen und verweilen; ich verbrachte zwei Stunden bei einem Cappuccino und einem Glas heißer Schokolade. Hier weiß man, wie kostbar die Gegenwart ist. Weil es die einzige Zeit ist, die es gibt.

Zwischen Kaffee und Schokolade saß ich zwanzig Minuten im kleinen und absolut stillen Zendo. Der Wirbel der Stadt fiel von mir ab, und die Bilder der Ausstellung "Nordlichter" in der Fondation Beyeler, in der ich mich vorher durch Menschenmengen geradezu gekämpft hatte, zogen sich zurück in eine Ecke meines Geistes, zur späteren Betrachtung. 


 

Der Begriff "Achtsamkeit" wird inzwischen inflationär und missverständlich gebraucht. Es gibt Bücher, die behaupten, mit Achtsamkeit könne man den idealen Partner oder Job finden und sogar den Krebs besiegen. "Sati" aber will nichts erreichen. In Pali bedeutet es das unmittelbare Verweilen im gegenwärtigen Augenblick, die hellwache Präsenz ohne Grübeln über die Vergangenheit und ohne Hoffnungen oder Befürchtungen, die eine Zukunft vorwegnehmen, die nicht da ist und so vielleicht nie kommen wird.  Auch wenn der Begriff aus dem buddhistischen Kontext kommt, hat Achtsamkeit nicht zwingend mit Religion oder irgendeiner bestimmten spirituellen Schule zu tun, sondern kann eine Lebenshaltung sein. Dieser Blog und alle meine Bücher sind in diesem Geist geschrieben.

Wer in wacher Präsenz lebt, sieht, dass nichts unwichtig ist, denn alles ist mit allem verbunden. Das Café Moment wurde von Menschen erschaffen, die das verstanden haben. Die Einrichtung, das Lichtkonzept, die Farbgestaltung und die Zusammenstellung der Speisekarte bilden eine Einheit, und diese Einheit beginnt in der Stille zu wirken. 

Ein wunderbarer, heilsamer Ort. Wenn ihr in Basel seid: Besucht das Café Moment in der Bäumleingasse 4.

Die Website findet ihr hier (klick).

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