Was hat er da oben entdeckt? Mein Schneeäffchen aus dem Jigokudani Monkey Park, Nagano.
„Nicht-Anhaftung“ gehört zu den wichtigsten Übungen. Leider ist sie auch eine der schwierigsten, denn sie ist keine Fertigkeit, die wir irgendwann gelernt haben und dann für immer beherrschen. Wir müssen das Nicht-Anhaften in jeder Situation aufs Neue praktizieren. Was aber ist mit Anhaftung gemeint? Buddhistische Lehrer sprechen gern vom monkey mind, dem Affengeist. Der ungeschulte Geist ist wie ein kleiner Affe, der nach jedem verführerisch aussehenden Ding greift, das in sein Blickfeld kommt. Oh, da ist eine reife duftende Banane! Der Affe greift zu. Aber dann erblickt er hoch oben in der Palme eine ganze Bananenstaude, und das betörte Äffchen lässt die jetzt uninteressante Banane fallen, schwingt sich in den Baum und greift zur Staude. Wenn wir ehrlich sind, müssen wir zugeben: Das kennen wir.
Bei jedem Gang durch die Fußgängerzone werden uns solche „Bananen“ angeboten. Ich hatte neulich eine halbe Stunde Wartezeit an einem Bahnhof und bummelte durch die Boutique auf der anderen Straßenseite, wo mir ein hübsches Shirt auffiel. Mein Geist wurde munter und malte sich aus, wie gut das Shirt zu meiner Leinenhose aussehen würde. Wäre ich in diesem Moment in Unbewusstheit gefallen, hätte ich das Shirt vielleicht gekauft. Ich aber sah amüsiert meinem kleinen Affengeist in Aktion zu, der auch noch ein Jäckchen entdeckt hatte, das zum Shirt passen würde. Ich rollte meinen Koffer aus dem Laden und bestieg meinen Zug.
So bescheiden und alltagsnah könnte die Übung der Nicht-Anhaftung beginnen. Ich sehe etwas, das mir gefällt, und bemerke, wie mich automatisch der Wunsch anspringt: Das will ich haben. Sobald wir nicht wach und bewusst wahrnehmen, was gerade in uns und um uns geschieht, sind wir in der Gewalt unbewusster Antriebe. Wenn es um wichtigere Dinge geht als um ein Shirt, kann unsere Unbewusstheit unser Leben ins Chaos stürzen.
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