Ach, das Glück. Mein Duden Herkunftswörterbuch sagt dazu: "Die Herkunft des seit dem 12. Jahrhundert bezeugten Wortes, das sich vom Nordwesten her allmählich im deutschen Sprachgebiet ausgebreitet hat, ist dunkel." Das Glück kam also aus dem dunklen Norden und blieb dunkel, und da wundert es mich nicht, dass seiner Herkunft, Ankunft, Anwesenheit und Abwesenheit in unserem Leben so viele Märchen angedichtet werden.
Es "kommt" also angeblich zu uns, und weil es kommen kann, "geht" es auch wieder nach eigenen Gesetzen. Es wird uns "geschenkt", also kann es auch "entzogen" werden. Wir wiederum "nehmen" es uns, "verlieren" es, manchmal "winkt" es von sehr weit her, und wir fragen uns, ob wir das Glück "verdienen". Und ständig sind wir auf der Suche danach.
Außen. Immer im Außen.
Der Mythenforscher Joseph Campbell pflegte seinen Studenten zu empfehlen: "Follow your bliss." "Bliss" ist eben nicht "happiness", und die deutsche Übersetzung des Zitats, die ich immer wieder lese - nämlich "Freude" - ist zwar brauchbar, aber nicht die letzte Wahrheit. Es geht nämlich um Glückseligkeit, und die ist die Folge einer Erwachens-Erfahrung. Erwachen in meiner Definition ist nicht dasselbe wie die großartige Erleuchtung, die alte Zen-Meister als das "Durchtrennen aller Illusionen" bezeichnen. Es ist etwas viel Näheres und Alltäglicheres, das wir alle kennen.
Wir können jederzeit erwachen zur Fülle dieses Augenblicks, wenn wir uns voll und ganz auf ihn einlassen, ohne dass sich irgendein Gedanke, ein Urteil, eine Meinung in unsere Erfahrung einmischt. Beginnen wir mit etwas, das wir als "schön" empfinden: das Spiel zweier junger Hunde, das Meer, aus dem die Sonne aufsteigt, das Gesicht der schlafenden Freundin, des Freundes. Nur Wahrnehmen, Spüren, mit ungeteilter Aufmerksamkeit, und was ist da? Bliss. Glückseligkeit.
Das Geheimnis ist: Wir haben in diesem Moment die absolute Dimension berührt, unser - wie es das Zen nennt - wahres Selbst, den Urgrund des Seins, aus dem wir kommen und in den wir irgendwann zurückkehren werden. Ich empfinde in solchen Augenblicken die Glückseligkeit nicht als meine persönliche Gefühlsregung, sondern als eine Eigenschaft der absoluten Dimension selbst, und große Lehrer wie Krishnamurti, Eckhart Tolle und Adyashanti bestätigen dies. Auf einmal ist der Zugang zu dieser immer anwesenden tiefen Glückseligkeit offen, sie offenbart sich mir als ein Grundton des Seins - und da ich untrennbarer Teil von ihr bin, als mein eigener Grundton. Und so sagt sie mir gleichzeitig: Ich bin immer da. Warum siehst du mich nicht immer, berührst du mich nicht, stimmst dich nicht auf mich ein?
Vergiss das "Glück". Follow your bliss, my friend.
Wunderbare Zeilen, danke
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