Donnerstag, 27. März 2014

Der philosophische Kater über: Würde


"Die Menschen haben zu wenig Gespür für ihre eigene Würde. Sie hier, die so viel schreibt, hat neulich im Duden nachgeschlagen und entdeckt, dass Würde mit dem Wort Wert verwandt ist. Ich kann nur sagen: Das hat sie aber spät bemerkt. Uns Katzen ist unser Wert als ganz besondere Geschöpfe immer bewusst, und deshalb zeigen wir unsere Würde. Wir das tun das vor allem in dem, was wir nicht tun.

Zum Beispiel schreien wir nicht herum. Wenn wir etwas zu sagen haben, genügt ein Blick, notfalls ein zartes Miau. Das wirkt. Ich sage immer: Weniger ist mehr, auch in der Lautstärke. Dann sind wir nicht aufdringlich. Wir verlangen nicht pausenlose Aufmerksamkeit und beklagen uns, wenn unser Mensch gerade etwas anderes zu tun hat. Ich sage immer: Eigenständigkeit und Unabhängigkeit sind die Basis für ein gutes Zusammenleben.

Wir gehen auf leisen Pfoten. Die Menschen müssen sich mit klappernden Absätzen ankündigen und einen hörbaren Abgang hinlegen. Billige Effekthascherei! Wir donnern uns auch nicht auf mit Geglitzer und grellen Farben, tragen aber auch keine ausgebeulten Hosen, deren Schritt in der Kniekehle hängt. Unsere Kleider sind dezent, aber von bester Qualität. Und wir – Entschuldigung, aber ich muss das sagen –, wir pflegen uns. Ständig. Kopf, Ohren, Hals, Brustfell, Bauchfell, Beine. Deshalb riechen wir gut. Nicht nach Parfüm – nach uns selbst.

Menschen sind große Wunder. Allein ihre magische Fähigkeit, Dosen mit Huhn in Gelee zu öffnen! Sie entwirren die Wollfäden, mit denen wir gespielt haben, und krabbeln zehn Mal am Tag unter den Schrank, um unser Bällchen hervorzuholen. Sie haben warme Hände und streicheln gut. Ich glaube, sie wissen gar nicht, wie außergewöhnlich es ist, warme Hände zu haben, die gut streicheln können.

Wenn sie jetzt noch ein wenig leiser werden könnten, ein wenig gelassener, natürlicher und unabhängiger, wären sie fast schon so etwas wie große Katzen."

Sonntag, 16. März 2014

Gian Domenico Borasio "Über das Sterben"



Gian Domenico Borasio ist Palliativmediziner (und ganz nebenbei ausgebildeter Opernsänger und Zen-Schüler) und hat ein Buch geschrieben über das, was beim Sterben geschieht. Er hat es getan, um den Menschen die Angst vor dem Sterben zu nehmen, damit sie besser und leichter leben können. Auf die Frage seines Lektors, ob die ständige Beschäftigung mit dem Tod nicht deprimierend sei, sagt er: "Die tägliche Konfrontation mit dem Tod ist ein großes Geschenk." Und: "Erst im Angesicht des Todes erkennen viele, worauf es wirklich ankommt, und in den seltensten Fällen waren das dann berufliche Erfolge."

Dieses Fünf-Minuten-Video stelle ich hier ein zur Ermutigung, sich mit diesem Thema auseinanderzusetzen, vielleicht das Buch von Professor Borasio zu lesen ("Über das Sterben: Was wir wissen, was wir tun können, wie wir uns darauf einstellen", dtv) oder, ebenfalls auf YouTube, das lange Gespräch mit Gian Domenico Borasio aus der Reihe "Sternstunde der Philosophie" im Schweizer Fernsehen anzuschauen. Es lohnt sich!

Donnerstag, 6. März 2014

Thich Nhât Hanh: Be fully alive

Calligraphy by Thich Nhât Hanh. Deer Park Monestary, Escondido, Ca.  C: Marcie Colpas   






Be fully alive
 
The Buddha said that life is available only in the present moment, and if you miss the present moment, you miss your appointment with life. Go back to the present moment where you can be alive, where you can live deeply each moment of your life, and where you can allow your body and your soul to live. You do it for yourself, but you do it for all of us. We need you to be peaceful. We need you to be stable. We need you to have joy. That is for the sake of the world. Your practice is not an individual matter. Your practice will benefit the whole world. When you are able to breathe in and breathe out with joy and peace, the whole world profits. Not only will the people who are close to you profit, the whole world will profit.

Sei ganz und gar lebendig

Der Buddha sagte, Leben finde nur im gegenwärtigen Augenblick statt, und wenn du den gegenwärtigen Augenblick verpasst, verpasst du deine Verabredung mit dem Leben. Kehre deshalb zurück in den gegenwärtigen Augenblick, in dem du lebendig sein kannst, in dem du jeden Moment deines Lebens zutiefst erleben und deinem Körper und deiner Seele erlauben kannst, zu leben. Du tust es für dich selbst, aber gleichzeitig tust du es für uns alle. Wir brauchen deine Friedfertigkeit. Wir brauchen deine Stabilität. Wir brauchen deine Freude. Das alles ist zum Wohle der Welt. Deine Praxis ist keine individuelle Angelegenheit. Von deiner Praxis wird die ganze Welt profitieren. Nicht nur die Menschen, die dir nahe sind – die ganze Welt wird profitieren.