"Symbolbild": Diesmal saß ich nicht im Studio, aber das Equipment war ähnlich aufwendig.
Margrit Irgang
die poesie des augenblicks. the poetry of the moment.
Mittwoch, 3. September 2025
Zu Gast im Podcast "Let's Talk Why"
Donnerstag, 28. August 2025
Jiddu Krishnamurti "Einbruch in die Freiheit"
Freitag, 22. August 2025
Wim Wenders
Ich gehe so gut wie nie ins Kino - aber die Filme von Wim Wenders habe ich alle gesehen. Denn Wim Wenders ist für mich eine große Inspiration - seine Bildsprache, der Einsatz des Lichts, die hinreißende Musik (Ry Cooder!), aber auch seine Persönlichkeit. Seine Aufrichtigkeit, seine Zurückhaltung, seine Genauigkeit sind das, was seine Filme prägt. Er schreibt vorab kein Drehbuch - er nimmt auf, was der Augenblick und seine Schauspieler ihm präsentieren und entwickelt es weiter. Deshalb ist jede Szene so lebendig.
Jetzt, zu Ehren seines 80. Geburtstags, habe ich mich noch einmal durch die Beiträge über ihn in den Mediatheken geschaut. Zum ersten Mal ist mir aufgefallen, dass die Geschichten von Wenders nur von Männern handeln. Frauen kommen irgendwo am Rand vor; allerdings sind oft Kinder zu sehen. Dennoch sind mir diese schweigsamen, durch weite öde Landschaften gehenden Männer sehr nah. Ich sehe in ihnen nicht in erster Linie den "Mann", sondern eher den Archetyp des Wanderers und Suchers.
Warum aber gibt es in Film und Literatur noch kein weibliches Pendant dazu? Kennt ihr so etwas - die schweigsame, autonome und ganz und gar selbstgenügsame Wanderin durch weite Landschaften? Schreibt gern einen Kommentar dazu.
Ich habe euch ein paar Links zusammengestellt. Im Sommernachtskino in Freiburg sitzen sie mit Regenjacke und Schirm, Schwimmbad und Tennisplatz sind keine Option, aber Wendersgucken geht.
Besonders empfehle ich euch die obige Dokumentation auf arte. Für alle, bei denen die Videos nicht eingebettet werden: hier (klick)
Es gibt auch eine längere Dokumentation in der ARD-Mediathek, "Desperado", die findet ihr hier (klick).
Vielleicht noch einmal den Film "'Paris, Texas" sehen? Hier (klick).
Oder "Der amerikanische Freund"? Hier (klick).
Aber doch sicher "Der Himmel über Berlin" mit Bruno Ganz als Engel, der so gerne ein Mensch werden möchte. "Der Himmel über Berlin" schauen hier (klick).
Wim Wenders sagte einmal, bei seinen Dokumentarfilmen fühle er sich freier, dort könne er machen, was er wolle. Ich empfehle "Das Salz der Erde" über den großartigen Fotografen Sebastiao Salgado hier (klick).
Mit den monumentalen Bildern des Malers Anselm Kiefer habe ich Probleme, und die haben sich eher noch verstärkt nach dem Ansehen der Dokumentation über ihn. Wie geht es euch mit Kiefer? "Das Rauschen der Zeit" könnt ihr sehen auf Arte hier (klick).
Sehr schön finde ich dagegen den Film über die Arbeit der Choreografin Pina Bausch hier (klick).
Kennt ihr den Video-Podcast "Hotel Matze"? Matze Hielscher führt mit seinen Gästen wirklich fundierte, tiefe Gespräche. Dennoch ist mir das Format immer zu lang: Irgendwann fängt jeder Gast nach meiner Meinung an zu schwafeln. Über zwei Stunden Wesentliches zu reden liegt nicht jedem. Es gibt nur zwei Gespräche, die ich bis zum Ende gehört habe - die mit Wim Wenders. Ich verlinke euch den zweiten Teil "Was bedeutet es, ein Künstler zu sein?", weil er im ersten Teil - den findet ihr auch auf youtube - ziemlich nervös ist. "Was bedeutet es, ein Künstler zu sein?" hier (klick).
So, das ist inspirierender Stoff für die Augen, die Ohren, die Sinne und den Geist für viele Regentage.
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Samstag, 16. August 2025
Dein schöpferisches Potenzial
Wir Menschen erschaffen ja pausenlos irgendetwas. Nicht nur im Tun - wir erschaffen mit unseren Gedanken und Gefühlen die Atmosphäre, die unsere Begegnungen mit Menschen, Tieren und Pflanzen bestimmt. An allem, was in uns und um uns herum geschieht, sind wir auf direkte oder subtile Weise beteiligt. Wir tun dies zumeist unbewusst, und deshalb sind wir mit dem Ergebnis oft so unzufrieden. Wir fragen uns, warum uns bestimmte Dinge immer wieder passieren oder wie wir in diese Situation, die uns unangenehm ist, geraten sind.
Wenn wir bewusst leben, können wir unser schöpferisches Potenzial klug einsetzen. Und dafür müssen wir wissen, wie wir dieses Potenzial berühren und ausdrücken können. Ein wunderbarer Zugang dazu ist die genaue Wahrnehmung. Wenn Du die Welt um Dich herum wirklich in ihren Details anschaust, öffnet sich für Dich eine Tür, die jetzt vielleicht noch verschlossen ist.
Magst Du Dich mit mir zusammen auf die Suche nach Deiner schöpferischen Quelle machen? Dann nimm gerne teil an meinem nächsten Retreat:
Die schöpferische Kraft erwecken
2. bis 5. Oktober 2025
Waldhof Freiburg
Mehr Informationen und den Anmelde-Link findest Du hier (klick)
Sehen wir uns? Ich würde mich freuen.
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Freitag, 8. August 2025
Die Snack Bar der DB
Im Juli war ich wieder im Intersein-Zentrum. Die Fahrt ist immer, sagen wir mal: interessant. In diesen elf Stunden von Haus zu Haus begegnet mir so einiges, was mich dann längere Zeit bewegt.
Ich hatte eine neue Verbindung, die gut klang. S-Bahn bis Freiburg, ICE von Freiburg nach Karlsruhe, von dort im IC bis Nürnberg, dann ICE bis Passau, dann Bus. In Karlsruhe suchte ich den IC auf dem angegebenen Gleis, fand aber nur die Art Zug, mit der ich von meinem Vorort nach Freiburg gefahren war. Doch, doch, das sei der IC nach Nürnberg, sagte ein Bahnmitarbeiter am Gleis. Regionalverkehr eben. Er wunderte sich, dass ich mich wunderte.
Ich hatte einen Platz gebucht, der mir in dem Wagen reserviert worden war, in dem eine komplette Schulklasse von etwa Achtjährigen auf den Sitzen tobte. Der Rest des Zuges war nahezu leer. Meine erste Aktion war die Flucht. Ich machte es mir in Wagen zwei, hmm, gemütlich. Die Sitzabstände waren beklemmend und die Sitze nicht verstellbar. Die deutsche Bahn stärkt im Regionalverkehr ihren Reisenden das Rückgrat. In diesen Sitzen wird nicht gelümmelt, da zeigt man Haltung.
Abfahrt in Karlsruhe um 9.06 Uhr, Ankunft in Nürnberg um 12.30 Uhr. Dreieinhalb Stunden S-Bahn-Fahrt.
Ich hatte zwei gute Bücher dabei. Die erste Stunde verging, die Sitzabstände legen die Redewendung nahe, wie im Fluge. Dann knackte der Lautsprecher und verkündete Erstaunliches: "Liebe Fahrgäste, eine Erfrischung gefällig? Unsere Mitarbeiter erwarten Sie gerne in unserer Snack Bar in Wagen sechs."
Oha. Eine S-Bahn mit Luxus. Meine Wasserflasche war leer, und ich machte mich auf den Weg zu Wagen sechs. Passierte diverse Kofferrampen, es ging auf und ab, ich wurde hin und her geworfen. In den Wagen, die ich durchquerte, waren ein paar Reisende in großen Abständen hingetupft. Sie sahen mir erstaunt nach. Offenbar hatten sie keinen Wunsch nach Luxus, sie wollten einfach nur ankommen.
Die letzte Kofferrampe hinauf, Wagen sechs öffnete sich vor mir. An der Wand lehnte eine Mitarbeiterin der Bahn und wischte auf ihrem Handy herum. Als sie mich sah, steckte sie es hastig ein und strahlte mich an. Eine Kundin! Tatsächlich, eine Kundin. Zu ihren Füßen stand einer jener kleinen Einkaufskörbe aus dem Supermarkt, die man sich schnappt, wenn man kurz vor Ladenschluss noch etwas zum Abendessen einkaufen will. In dem Korb befanden sich ein paar Müsliriegel, Chipstüten, ein Apfel und eine winzige Packung Pralinen. Gemeinsam sahen wir auf das Angebot hinab.
"Das ist die Snack Bar?" fragte ich.
"Ja, heute haben wir leider nur eine kleine Auswahl", sagte die Frau hastig und versuchte ein erneutes Strahlen. "Möchten Sie vielleicht einen Kaffee?"
Im Hintergrund, auf einer Art Wandbord, stand eine Warmhaltekanne mit einem mindestens zwei Stunden alten Kaffee.
"Haben Sie auch etwas Kühles zu trinken?" fragte ich.
"Oh, ja!" rief sie. "Was wollen Sie? Alkoholisch? Nicht alkoholisch?"
Sie schloss eine Wandtäfelung auf, und dort, wo ich in Zügen immer irgendwelche Technik vermutet hatte, kam ein Kühlschrank zum Vorschein. Sie pries mir jede Flasche einzeln an, wahrscheinlich war mein Besuch die einzige Abwechslung, die sie bis Nürnberg erwartete.
Mit meiner Apfelschorle taumelte ich zurück in Wagen zwei. Die Frau hatte mir noch einen umweltschädigenden Pappbecher aufgedrängt, den ich genommen hatte, weil ich ihr eine Freude machen wollte. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Bahn haben keinen leichten Job. Diese tat mir besonders leid.
Ich versenkte mich erneut in mein Buch. Kurz vor Crailsheim knackte der Lautsprecher. "Liebe Fahrgäste, eine Erfrischung gefällig? Unsere Mitarbeiter erwarten Sie gerne in unserer Snack Bar in Wagen sechs."
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Samstag, 2. August 2025
David Steindl-Rast "HerzWerk"
Sonntag, 27. Juli 2025
Straßenkind
In einem öffentlichen Bücherregal habe ich ein Buch von mir gefunden.
Jemand hat das also gelesen und nicht in die Papiertonne geworfen, weil die Person fand, dieses Buch sollten auch andere Menschen lesen. Das ist sehr nett und nicht selbstverständlich. Trotzdem war ich etwas erschrocken. Dem Autor Frank Berzbach ist das auch mal passiert. Er schreibt treffend: "Auf die eigenen Bücher zu stoßen, zufällig, erinnert daran, was man überhaupt macht, wenn man schreibt. Da geistern Objekte mit Herzblut durch die Welt, deren Wege man nicht steuert. Menschen, die man noch nie gesehen hat, kennen einen."
Ich habe impulsiv zugegriffen und mein Buch mitgenommen.
Jetzt denke ich darüber nach, warum ich das getan habe. Ich habe einen vernünftigen Grund dafür: Meine Bücher sind alle vergriffen; wenn eins im Antiquariat angeboten wird, kaufe ich es. Ganz klar, dass ich dieses nicht stehenlassen konnte. Aber die Erklärung bleibt an der Oberfläche. Die Wahrheit liegt, wie immer, in den Gefühlen.
Mein Buch dort zu sehen war, als würde mein Kind allein in einer Menschenmenge stehen. Ich dachte: Was sind das für seltsame Leute, von denen es umgeben ist, wie ist es unter die geraten? Die kenne ich alle nicht. Dort kann es ihm nicht gutgehen. Wie die meisten Mütter wünsche ich für mein Kind die passende Umgebung, in der es strahlen und seine Vorzüge zur Geltung bringen kann. Zum Beispiel auf dem Tisch mit dem Schild "Besondere Empfehlungen" in einer guten Buchhandlung.
Eingezwängt zwischen Bücher, von denen ich nicht eins lesen wollte, stand mein Kind in seiner Aura der Verlorenheit herum. Mein Kind ist kein Straßenkind.
Also nahm ich es an die Hand und brachte es nach Hause.
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Dienstag, 15. Juli 2025
Andrea Gibson, RIP
Andrea Gibson war eine der großen zeitgenössischen Dichterinnen der USA, Poet Laureate von Colorado und auch sonst vielfach ausgezeichnet. Vor vier Jahren bekam sie die Krebs-Diagnose, und wir konnten miterleben, wie sie sich durch Schmerzen und heftigste Behandlungen hindurcharbeitete und dabei immer leuchtender und liebender wurde: "Sometimes grief is the fastest way to the truth".
Andrea hinterlässt ein unglaubliches Werk voller Schmerz und Freude. Man kann ihre Gedichte eigentlich nicht übersetzen, deshalb tue ich es hier nicht. Man sollte sie überhaupt nicht lesen, sondern hören. Schaut Euch das Video an, dann wisst Ihr, was ich meine. Es trägt den Titel "Every Time I Ever Said I Want to Die".
"A difficult
life is not less worth living than a gentle one. Joy is simply easier to carry
than sorrow, and your heart could lift a city from how long you’ve spent
holding what’s been nearly impossible to hold.
This world
needs those who know how to do that. Those who could find a tunnel that has no
light at the end of it, and hold it up like a telescope to know the darkness
also contains truths that could bring the light to its knees.
Grief astronomer, adjust the lens, look close, tell us what you see."
Auf ihrem Substack Account schrieb sie unter anderem "Love Notes From The Chemo Room". Jede und jeder von uns, die wir in schwierigen Umständen welcher Art auch immer leben, sollten ihn lesen, finde ich: https://andreagibson.substack.com/. Andreas Gedichte und ihre Emotionalität gehen mir unter die Haut, und es gibt Tage, an denen ich sie nicht ertrage. Aber was für ein Wunder, dass eine solch hochbegabte Autorin ihre tiefsten Schmerzen und Freuden mit uns geteilt hat.
Andrea starb gestern, am 14. Juli, im Alter von 49 Jahren.
(Wenn bei Euch das Video nicht eingebettet wird: Hier ist es.)
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Sonntag, 13. Juli 2025
Dieser Löwe schläft nicht
Im Urwald schreien die Affen und Vögel, ab und zu kommt ein Wolkenbruch, und irgendwo, versteckt in einer Höhle, schläft ein Löwe.
Er schläft da genau fünf Minuten, aber dann wacht er auf. Das ist nicht verwunderlich. Wer wacht nicht auf, wenn er den fabelhaften Knabenchor Dagilélis aus Litauen hört, hier mit "The Lion Sleeps Tonight".
Alle, bei denen das Video nicht angezeigt wird, finden es hier: https://www.youtube.com/watch?v=tGxyoRuslpA&list=RDtGxyoRuslpA&start_radio=1
Ich wünsche euch sonnige Tage. Verschlaft sie nicht, der Sommer ist kurz.
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Montag, 30. Juni 2025
Abends am Teich
Es ist Abend, der Tag erwacht.
Es war, als hätte er seit dem Morgen den Atem angehalten. Ermattet ließ er sich von den Stunden durchziehen und schenkte uns keinen Hauch.
Jetzt atmet er aus.
Kleine vielbeinige Wesen erwachen im Gras. Ein Fisch springt aus dem Wasser. Etwas gestreift Geflügeltes summt, etwas samtig Dunkelbraunes brummt.
Am Ufersaum steht unbeweglich eine Taube, die roten Füße im Wasser. Sie bückt sich und trinkt. Blickt sich um. Trinkt. Sie hat die Oase gefunden, spät am Tag, aber rechtzeitig vor dem Schlafengehen. Endlich herrlich kühle Füße. Hier wird sie so schnell nicht weggehen. Sie blickt. Sie trinkt.
Die Libellen üben Tiefflüge.
In den Bäumen erwachen die Wesen der Nacht. Ein Ruf weht über das Tal, als blase jemand in ein Holzrohr, das keine Klanglöcher hat. Ein trockener, hohler Ton ohne Nachschwingen. Von der anderen Seite des Tales kommt die Antwort. Trocken, hohl.
All dies Rufen, Brummen und Summen ist die Stimme der Stille in den Dingen der Natur. Wenn sie ganz bei sich sind, am Abend und frühen Morgen, kann man sie hören, wenn man im Schweigen geübt ist.
Die Erde rollt sich in eine weitere heiße Nacht.
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