Montag, 28. September 2015

Sommers Ende

 

Sommers Ende

Und wieder den Sommer nicht bestanden.
Schneller als wir wuchs das Korn.
Zur Feier des Juli starb das Gras
den Himmel lobte die Lerche.
Die Nacht schlug uns mit Duft und Sternen.
Wir schliefen nie. Wir schliefen immer.

Es war die Rose die sich entfaltete
es war die Kapsel des Mohns die brach.
Wieder vor der Wärme geflohen
Schatten aufgestellt
und in der hohen Stille des Mittags
die Ewigkeit unverändert überlebt.

(Margrit Irgang. Aus: "Leuchtende Stille", Verlag Herder)

***

Zomereinde

En weer de zomer niet goed doorgekomen.
Sneller dan wij groeide het graan.
Ter ere van juli stierf het gras.
De leeuwerik loofde de hemel.
De nacht sloeg ons met geur en sterren.
We sliepen nimmer. We sliepen immer.

Het was de roos die zich ontvouwde,
het was de kap van de klaproos die openbrak.
Weer voor de warmte gevlucht,
voor schaduw gezorgd.
En in de hoge stille middag
de eeuwigheid onveranderd overleefd.

(Aus: "Stralende stilte", Asoka, Vertaling: Piet Hermans)
 

Samstag, 19. September 2015

Nun weht er wieder, der Wind (JOIK)


Nun bläst er wieder, der Herbstwind. Was wird er mit sich bringen, oder trägt er etwas davon? Etwas, das wir ihm gern überlassen, lange schon loswerden wollten, oder etwas, das wir so gerne festhalten würden, aber der Wind, der immer schneller und wilder ist, hat es sich schon geholt ...?

Der JOIK ist der traditionelle Gesang der Samen, bei dem sich die Natur äußert in Form der menschlichen Stimme. Der Joik ist immer schon da, er lebt sozusagen in der Natur und äußert sich durch den Sänger, wenn dieser sich ihm öffnet. Deshalb wurde der Joik früher nicht nur von Laien, sondern vor allem von Schamanen gesungen, begleitet von einer Rahmentrommel. Bis ins 20. Jahrhundert war das Joiken als Ausdruck der samischen Religion verboten.

Der schwedische Komponist Jan Sandström, der in Lappland geboren wurde, hat diesen schönen, archaisch und gleichzeitig melodisch klingenden Joik komponiert: Biegga luothe. Beim Joik sind die Worte nicht wichtig, dennoch gibt es in dieser Komposition welche, so seien sie erwähnt:

"Nun bläst der Wind.
Lo, lo, lo, lo ....
Er kommt mit dem heiligen Geist,
ein Gruß Gottes
an das Volk Lapplands
mit seinem Segen. 
 

Samstag, 12. September 2015

Soeben erschienen: "Die Kostbarkeit des Augenblicks"


Ich sehe in der Gesellschaft viel Angst vor dem Tod; ich dagegen habe den Tod schon lange als meinen Meister akzeptiert. Wer einen nahen Menschen oder auch ein Tier verliert oder zu verlieren droht, weiß auf einmal, was wirklich wichtig ist: Dieser Augenblick mit all seiner Schönheit und seinem Schmerz, denn er feiert das Leben, das noch nicht vorbei ist.

Das Buch besteht aus Tagebucheintragungen über das Sterben meines Bruders und aus Reflektionen über die Vergänglichkeit alles Seienden: der Abschied von der Kindheit und von der Jugend, Verlust des Arbeitsplatzes, der Wohnung und der Heimat, Trennungen, die Pensionierung. Neugierig habe ich mich in diversen Wissensgebieten getummelt und zum Thema die Religionen ebenso befragt wie die Psychologie, die Mystiker, die Schamanen und die Dichter. Auch Menschen, die mir begegnet sind, haben viel beizutragen, denn Verluste sind universell.

Gerade eben erschienen also:

Die Kostbarkeit des Augenblicks
Was der Tod für das Leben lehrt

Kreuz Verlag, ISBN 978-3-451-61303-6

Natürlich ist es wieder kein "Fachbuch", es ist auch kein "Sachbuch", sondern das Buch einer Dichterin, die ihrer Wahrnehmung und Sprache vertraut.